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Multiparametrische MRT (mpMRT) – das steckt dahinter
07. Juli 2021 | von Ingrid MüllerAktualisiert und medizinisch geprüft am 7.7.2021 von Ingrid Müller, Chefredakteurin und Medizinjournalistin |
Die multiparametrische MRT kombiniert drei verschiedene Aufnahmeverfahren miteinander und liefert sehr detaillierte Bilder aus der Prostata. Ein Prostatakrebs lässt sich so mit hoher Sicherheit aufspüren – aber auch ausschließen. Alles über den Ablauf, die Auswertung und Kostenübernahme der mpMRT.
Die multiparametrische Magnetresonanztomografie der Prostata ermöglicht es Ärzten und Ärztinnen, einen Prostatakrebs frühzeitig und sehr zielgenau aufzuspüren. Wenn die Bilder unauffällig sind, lässt sich umgekehrt ein bösartiger Tumor in der Prostata mit hoher Wahrscheinlichkeit dank mpMRT ausschließen.
Die multiparametrische Magnetresonanztomografie der Prostata heißt abgekürzt auch multiparametrische MRT oder mpMRT. Ein anderer Name dafür ist mpMR Prostatographie (auch mpMR Prostatografie).
Multiparametrische MRT zeigt viele Eigenschaften von Prostatakrebs
Die mpMRT gilt als sehr empfindliches Verfahren in der Diagnostik von Prostatakrebs. Denn mit Hilfe der Bilder können Ärzte den Prostatakrebs nicht nur genau orten, sondern auch Aussagen über die Ausdehnung und Aggressivität des Tumors treffen. Die multiparametrische MRT lässt also auch Rückschlüsse über die Biologie des Tumors zu.
In neuen Leitlinien zu Prostatakrebs bekommt die mpMRT daher jetzt einen besonderen Stellenwert. Ärztinnen und Ärzte müssen sie jedoch immer nach den geltenden Qualitätsstandards durchführen.
Einige Beispiele:
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Normalerweise ziehen Ärzte zur Früherkennung von Prostatakrebs eine Kombination aus mehreren Untersuchungen heran: die digitale rektale Untersuchung (DRU), den transrektalen Ultraschall (TRUS), die PSA-Werte und – je nach Ergebnis – die systematische Prostatabiopsie. Dabei entnehmen Ärzte mit Hilfe feiner Nadeln mehrere Gewebeproben (meist zwölf Stanzen) aus verschiedenen Arealen in der Prostata. Diese untersucht anschließend ein Pathologe unter dem Mikroskop. So lässt sich die Diagnose Prostatakrebs sichern.
Die Magnetresonanztomografie ist eine Untersuchung, die die Prostata sehr genau auflösen und Veränderungen in der Binnenstruktur zeigen kann.
Dr. Frank Schiefelbein, Urologe
Wie funktioniert die multiparametrische MRT?
Bei einer multiparametrischen MRT nehmen Radiologen und Radiologinnen verschiedene Bilder der Prostata auf, die jeweils unterschiedliche Eigenschaften der Prostata abbilden. Moderne Geräte ermöglichen die mpMRT, ohne dass dafür eine besondere Ausrüstung oder ein spezielles Nachverarbeitungsverfahren für die Bilder notwendig ist.
Die mpMRT kombiniert die Magnetresonsanztomografie (1) mit mindestens zwei weiteren Aufnahmeverfahren (2 bis 3):
1) Magnetresonanztomografie
Bei einer Magnetresonanztomografie (MRT oder Kernspintomografie) setzen Radiologen starke Magnetwellen ein (keine Röntgenstrahlen wie bei der Computertomografie). Die Methode kommt als ohne Strahlenbelastung aus. Die MRT eignet sich besonders gut, um weiche Strukturen und Gewebe darzustellen. Radiologen nehmen die Prostata scheibchenweise auf und erstellen hochauflösende Schnittbilder in mehreren Ebenen.
Die gesamte Anatomie der Prostata und die Umgebungsstrukturen (Samenblasen) sowie eventuell vorhandene Tumoren sind auf diesen MRT-Bildern sichtbar. Ein Prostatakarzinom erscheint im Vergleich zum normalen Drüsengewebe als dunkler Herd. Ärzte können zudem erkennen, ob der Prostatakrebs schon die Kapsel durchbrochen hat und in die Samenblasen hineingewachsen ist.
2) Diffusionsgewichtete Bildgebung (DWI)
Über die Bewegung der Wassermoleküle können Radiologen die Zusammensetzung des Gewebes bestimmen. Bei Prostatakrebs ist die Zelldichte erhöht, denn Krebszellen teilen und vermehren sich stärker als gesunde Zellen. Diese erhöhte Zelldichte schränkt die Beweglichkeit der Wassermoleküle ein, was wiederum auf Bildern sichtbar ist. Ärzte können somit bösartiges und normales Prostatagewebe unterscheiden.
3) Perfusionsbildgebung (PWI)
Diese Methode funktioniert mit einem Kontrastmittel. Radiologinnen können so den Blutfluss und die Blutversorgung im Prostatagewebe darstellen. Krebsgewebe ist stärker durchblutet als gesundes Gewebe, weil es einen höheren Energiebedarf hat – Krebszellen benötigen mehr Sauerstoff und Nährstoffe für ihre Versorgung. Radiologen beobachten das Verhalten und den zeitlichen Verlauf des Kontrastmittels in der Prostata – so können sie Rückschlüsse auf die Durchblutung des Gewebes ziehen.
4) Protonen-MR-Spektroskopie (1H-MRS)
Mit Hilfe dieses Verfahrens lassen sich Stoffwechselvorgänge im Körper messen. Bestimmt werden die Konzentration und räumliche Verteilung einiger wichtiger Stoffwechselprodukte (Metabolite) im Gewebe. Ärzte erhalten in diesem Fall keine Bilder, sondern biochemische Informationen in Form von Mustern oder sogenannter Spektren.
Multiparametrische MRT: Auswertung der Bilder
Radiologinnen werten die mpMRT-Bilder nach einer besonderen Methode aus, der sogenannten PI-RADS-Klassifikation. Dieses Kürzel steht für „Prostate Imaging – Reporting and Data System“. Vorgeschlagen hat es eine Expertengruppe der European Society of Urogenital Radiology (ESUR) in einer Leitlinie zur MRT der Prostata im Jahr 2012. Drei Jahre später wurden die Empfehlungen zusammen mit dem American College of Radiology überarbeitet. Daher gibt es heute zwei Versionen.
Ziel der PI-RADS-Klassifikation ist es, die Qualität der Untersuchung zu sichern und sie für alle Ärzte zu standardisieren. Wichtig ist auch, dass Radiologen ausreichend Erfahrung mit der mpMRT haben, um die Bilder sicher beurteilen zu können.
Die PI-RADS-Klassifikation gibt für jede Gewebeveränderung (Läsion) auf einer Skala von 0 bis 5 die Wahrscheinlichkeit an, mit der ein Prostatakrebs vorliegt: PI-RADS-Score
Je höher also der PI-RADS-Score einer Läsion also ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Prostatakarzinom vorliegt. Die PI-RADS Klassifikation besitzt eine sehr hohe diagnostische Genauigkeit, kann also Prostatakrebs sehr genau vorhersagen. |
Das Schema, das Ärzte erhalten, zeigt Krebsherde in der Prostata grafisch an – auch den aggressivsten Herd, die sogenannte Index-Läsion. Sie beeinflusst maßgeblich die Wahl der Krebsbehandlung. Diese Grafik lässt sich aber nur erstellen, wenn Ärzte zusätzlich die beiden Aufnahmeverfahren der Perfusion und Diffusion anwenden.
Radiologen und Radiologinnen dokumentieren und übermitteln den Befund nach PI-RADS anschließend an einen Urologen oder eine Urologin. Diese Fachärzte müssen sehr eng zusammenarbeiten, denn die Schnittstelle ist enorm wichtig. Dann können Urologen sehr gezielt eine Stanzbiopsie vornehmen und Gewebe aus dem verdächtigen Herd gewinnen. Männer müssen sich also wahrscheinlich nur einmal einer Prostatabiopsie unterziehen.
Multiparametrische MRT: Ablauf und Dauer
Die mpMRT ist ein nicht-invasives Verfahren, das ohne Schnitte und einen chirurgischen Eingriff auskommt. Radiologen verabreichen lediglich eine geringe Menge Kontrastmittel über eine Injektion. Die meisten Patienten vertragen das Kontrastmittel gut.
So ist der Ablauf der multiparametrischen MRT:
- Vor der Untersuchung müssen Sie Blase und Darm entleeren.
- Bei Personen mit ausgeprägten Darmbewegungen setzen Ärzte Medikamente ein, die den Darm beruhigen – sogenannte Antiperistaltika.
- Sie bekommen einen Kopfhörer, weil das MRT laute Geräusche erzeugt. Akustisch sind Sie über eine Sprechanlage mit dem betreuenden Personal im Nebenraum verbunden. Zudem erhalten Sie einen Notfallknopf in die Hand für alle Fälle.
- Während der Untersuchung liegen Sie möglichst bequem und entspannt auf dem Rücken.
- Der Radiologe platziert eine Messspule auf dem Becken, welche die Signale der Prostata empfängt. Eine Spule im Enddarm (Endorektalspule) ist bei dieser Untersuchung in der Regel nicht notwendig.
- Die Untersuchung dauert ungefähr 30 Minuten.
Welche Vorteile und Nachteile hat die mpMRT?
Die multiparametrische MRT besitzt – wie jede Untersuchungsmethode – einige Vor- und Nachteile. Einige Beispiele:
Vorteile:
- Die Untersuchung ist schnell, schmerzfrei und kommt ohne Strahlenbelastung aus.
- Ärzte können das sogenannte Staging leichter vornehmen, weil der Ort, die Größe und Ausdehnung des Prostatakrebses auf mp-MRT-Bildern gut erkennbar ist. Davon hängt es auch ab, welche Behandlung Ärztinnen den Männern vorschlagen.
- Auch die Therapie selbst lässt sich besser planen, zum Beispiel eine anschließende nervenschonende Operation, Strahlentherapie oder fokale Behandlung wie die HIFU.
- Bei einer aktiven Überwachung können Ärzte den Verlauf kontrollieren. Die mpMRT ist empfohlen, bevor die sactive surveillance beginnt.
Nachteile und Risiken:
- Die multiparametrische MRT kann sowohl falsch-positive als auch falsch-negative Ergebnisse liefern. Im ersten Fall hat ein Mann keinen Prostatakrebs, im zweiten Fall bleibt ein vorhandener Prostatakrebs unentdeckt.
- Eine hohe Qualität, allgemeingültige Standards sowie die ausreichende Erfahrung mit der Durchführung und Interpretationen der Ergebnisse sind bei dieser Untersuchung sehr wichtig.
- Auch eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Radiologen und Urologinnen ist ein entscheidender Faktor.
Wann setzen Ärzte die multiparametrische MRT der Prostata ein?
- Ärzte sollen die mpMRT bei der Primärdiagnostik zusätzlich zur Biopsie anwenden - diese Kombination beider Verfahren heißt "Fusionsbiopsie". Zusätzlich führen Ärzte bei der Erstbiopsie eine "normale" systematische Stanzbiopsie durch.
- Wenn noch keine MRT durchgeführt wurde und die Biopsie ein negatives Ergebnis erbracht hat, aber die PSA-Werte weiterhin erhöht sind und der Verdacht auf Prostatakrebs beteht - mittels mpMRT ässt sich ein behandlungsbedürftiger Prostatakrebs erkennen oder ausschließen. Denn die mpMRT kann auch versteckte Tumoren sichtbar machen.
- Planung der Prostatabiopsie: Ärzte können gezielt Gewebe aus den verdächtigen Bereichen der Prostata entnehmen. Das MRT-Bild lässt sich während der Biopsie mit einem Ultraschallbild kombinieren (MRT-Ultraschall-Fusionsbiopsie).
- Staging: Ärzte können feststellen, wie weit sich der Tumor ausgedehnt hat – und so die weitere Behandlung des Prostatakrebses besser planen.
- Erfolg der Behandlung kontrollieren: Mittels multiparametrischer MRT lässt sich ein Rückfall (Rezidiv) aufdecken.
- Auch den Verlauf des Prostatakrebses können Ärzte überprüfen, zum Beispiel, wenn sich ein Mann für die aktive Überwachung (active surveillance) entschieden hat.
MRT und Fusionsbiopsie Die MRT mit Fusionsbiospie könnte ein Durchbruch in der Diagnostik sein. Außerdem: Wie die Fusionsbiopsie unnötige Gewebeentnahmen vermeiden kann. |
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Multiparametrische MRT: Kostenübernahme der Kassen
Die multiparametrische MRT ist derzeit noch keine Routineuntersuchung und kein Standard in der Diagnostik von Prostatakrebs. Die aktuellen Leitlinien für Prostatakrebs empfehlen die Untersuchung bislang nur für spezielle Fälle entsprechend den aktuellen Qualitätsstandards – etwa, bevor sich ein Mann mit Prostatakrebs einer aktiven Überwachung unterzieht. Auch wenn nach einer negativen systematischen Biopsie weiterhin ein Krebsverdacht besteht, ist die mpMRT eine Möglichkeit.
Die multiparametrische MRT ist derzeit noch keine normale Leistung der gesetzlichen Krankenkassen. Diese sind nicht gezwungen, die Kosten für die Untersuchung in jedem Fall zu tragen. Gesetzlich Versicherte müssen die Untersuchung dann aus eigener Tasche bezahlen. Fragen Sie deshalb immer zuvor bei Ihrer Krankenkasse nach, wie es mit einer Kostenübernahme aussieht. In Einzelfällen entscheiden die Kassen manchmal anders.
Wenn Sie sich für die mpMRT entscheiden, erhalten Sie zunächst einen Kostenvoranschlag. So wissen Sie , welcher Betrag ungefähr auf Sie zukommt (ca. 850 Euro).
Die privaten Krankenversicherungen bezahlen die Untersuchung dagegen in vielen Fällen. Zur Sicherheit sollten Sie auch hier vorher nachfragen, damit Sie anschließend nicht auf den Kosten für die multiparametrische MRT sitzen bleiben.
Quellen:
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