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Unauffälliges MRT - geringes Prostatakrebsrisiko

17. Dezember 2024 | von Ingrid Müller

Ein erhöhter PSA-Wert kann Prostatakrebs bedeuten. Dann folgt oft eine Biopsie, um Sicherheit zu gewinnen. Eine Studie der Berliner Charité fand jetzt heraus, dass die Magnetresonanztomografie (MRT) zunächst die Biopsie ersparen kann.

Die Früherkennung von Prostatakrebs fußt in Deutschland auf einer Tastuntersuchung, die aber zukünftig entfallen soll, sowie auf der Bestimmung des PSA-Wertes (den Bluttest müssen Männer nach wie vor selbst bezahlen). Ist der PSA über einen bestimmten Grenzwert erhöht, folgt in den meisten Fällen zur Sicherheit eine Gewebeentnahme (Biopsie). Sie zeigt in der Regel eindeutig, ob Prostatakrebs vorliegt oder nicht. 

Die Prostatabiopsie ist jedoch ein invasiver Eingriff (mit einer Hohlnadel) und besitzt einige Risiken, zum Beispiel die Gefahr von Infektionen. Außerdem kann der PSA-Wert auch noch aus vielen anderen Gründen erhöht sein, die nichts mit Prostatakrebs zu tun haben. Ärztinnen und Ärzte suchen daher schon länger nach „schonenderen“ Strategien, um den Verdacht auf Prostatakrebs zu bestätigen oder auszuräumen. 

Prostatabiopsie

Lesen Sie die wichtigsten Infos über den Ablauf, die Dauer und mögliche Risiken der Biopsie.

Prostata Hilfe Deutschland: Frau mit Röhrchen im Labor
(c) Luiz Pessoa/Adobe Stock

Erst MRT statt Biopsie

Die Charité Universitätsmedizin Berlin untersuchte jetzt in einer Studie, ob sich das Prostatakrebsrisiko bei einem erhöhten PSA-Wert mittels Magnetresonanztomografie (MRT) abschätzen und die Biopsie „verschieben“ lässt. „Wir wollten herausfinden, ob man bei Männern, deren MRT-Aufnahmen unauffällig sind, erstmal abwarten und beobachten kann, anstatt gleich eine Biopsie zu machen“, erklärt Dr. Charlie Hamm, Erstautor der Publikation und Arzt an der Klinik für Radiologie der Charité.

Die MRT liefert detaillierte Schichtbilder der Prostata und kann eventuelle Veränderungen sichtbar machen. Die Forschungsgruppe fand heraus, dass Männer mit einem unauffälligen MRT-Bild auch längerfristig keinem erhöhten Prostatakrebsrisiko ausgesetzt sind. Die Wahrscheinlichkeit betrug 96 Prozent, dass ein Mann mit einem unauffälligen MRT-Ergebnis innerhalb von drei Jahren keinen aggressiven Prostatakrebs entwickelte. Nur bei vier Prozent der Studienteilnehmer wurde bei weiteren Kontrollen trotz des negativen MRT-Befundes ein aggressiver Prostatakrebs festgestellt. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin JAMA Oncology veröffentlicht.

„Das Krebsrisiko ist also sehr gering, wenn die MRT-Aufnahme der Prostata keine Auffälligkeiten zeigt“, fasst Hamm zusammen. Ein unauffälliger MRT-Befund alleine bedeute zwar keine hundertprozentige Sicherheit, aber bei regelmäßigen anschließenden Kontrollen würde ein möglicher Prostatakrebs früh genug entdeckt. Hamm: “Männer können sich die unangenehme Gewebeprobe erst einmal ersparen und müssen sich trotzdem keine Sorgen machen, dass ein Krebs übersehen wird.“

Urologische Kontrolluntersuchungen reichen aus 

Für die Studie untersuchte die Forschungsgruppe fast 600 Männer, bei denen der Verdacht auf Prostatakrebs bestand. Bei ihnen führten sie eine sogenannte multiparametrische MRT (mpMRT oder MR-Prostatografie) durch. Die mpMRT kombiniert mehrere Parameter miteinander. Erfahrene Radiologinnen und Radiologen werteten die MRT-Bilder anschließend aus. 

Eine Prostatabiopsie wurde nur durchgeführt, wenn die MRT-Aufnahmen verdächtige Veränderungen der Prostata zeigten. War der Befund dagegen unauffällig, unterzogen sich diese Männer stattdessen drei Jahre lang regelmäßig urologischen Kontrolluntersuchungen. „So konnten wir sehen, ob dieser Ansatz sicher ist“, erklärt Hamm.

mpMRT

Lesen Sie, was eine multiparametrische MRT ist, wie sie abläuft und was sich aus den Bildern ablesen lässt. 

Prostata Hilfe Deutschland: multiparametrische Magnetresonanztomografie
© Jarmoluk/Pixabay.com

MRT als Entscheidungshilfe für oder gegen die Biopsie

Die Ergebnisse der Studie sind auch für Ärztinnen und Ärzte sowie für die Entscheidung wichtig, ob eine Biopsie wirklich notwendig ist. Die Europäische Gesellschaft für Urologie empfiehlt in ihren Leitlinien bereits, vor der Prostatabiopsie eine MRT durchzuführen. Unklar war es jedoch bisher, wie sicher es ist, bei einem negativen MRT-Befund ganz auf die Biopsie zu verzichten. Die Ergebnisse zeigten aber, dass der MRT-Diagnoseweg auch in einem dezentralen, ambulanten Versorgungsnetz sicher und effektiv sei, betont Hamm. „Wir hoffen, dass die Studie einen Anstoß gibt, den Stellenwert der MRT als Entscheidungshilfe für oder gegen eine Biopsie auch in der deutschen Leitlinie weiter zu stärken.“

Die Berliner Forschungsgruppe betont allerdings zwei Aspekte: Erstens müssten erfahrene Fachleute aus der Radiologie die MRT-Aufnahmen durchführen und analysieren. Dafür müssten mehr Fachleute in der genauen Interpretation von Prostata-MRT-Aufnahmen geschult werden. Zweitens sei ein Sicherheitsnetz für Männer wichtig, die zunächst keine Biopsie erhalten. „Das bedeutet klare Richtlinien für die PSA-Überwachung, wiederholte MRT-Untersuchungen und Kriterien, wann später eine Biopsie notwendig sein könnte“, sagt Hamm.

Quelle:

  • Hamm CA. et al. Oncological safety of MRI-informed decision-making in men with suspected prostate cancer. 2024 JAMA Oncol. Dec 12 doi: 101001/jamaoncol.2024.5497