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Diagnose Prostatakrebs: Wie das Stadium die Lebensqualität prägt
03. Juli 2019 | von Ingrid MüllerDas Stadium, in dem Ärzte einen Prostatakrebs entdecken, hat Auswirkungen auf viele Facetten des Lebens: Das Selbstbewusstsein leidet und viele fühlen sich nicht mehr „wie ein richtiger Mann“.
Die Diagnose Prostatakrebs ist wohl für alle Männer ein tiefer Einschnitt ins gewohnte Leben. Aus Umfragen ist bekannt, dass sich die meisten Bundesbürger vor nichts so sehr fürchten wie vor einer Krebsdiagnose. Sie tun dies, obwohl Krebs heute besser behandelbar ist denn je und auch nicht auf Platz 1 der häufigsten Todesursachen steht. Diesen nehmen seit vielen Jahren Herz-Kreislauf-Erkrankungen ein. Dazu kommt, dass Prostatakrebs bei vielen Männern langsam wächst und sie gar nicht an ihrem Tumor sterben, sondern an anderen Ursachen.
Dennoch beeinträchtigen die Krebsdiagnose selbst sowie die Therapien und deren Nebenwirkungen die Lebensqualität und die mentale Gesundheit der Männer. Das gilt selbst dann noch, wenn die Behandlungen schon Monate oder Jahre zurückliegen. Aber auch das Stadium, in dem Ärzte den Krebs aufspüren, scheint eine wichtige Rolle für die Lebensqualität nach der Diagnose zu spielen. Zu diesem Ergebnis kam jedenfalls die Untersuchung Prostate Cancer In America 2019, die Sozialforscher von der Organisation Health Union durchgeführt hatten.
Prostatakrebs: höheres Stadium – geringere Lebensqualität
Ziel war es, mehr Licht in die Erfahrungen und Lebensperspektiven von Männern bringen, die mit ihrem Prostatakrebs und den Folgen fortan leben müssen. An der Online-Umfrage zwischen September 2018 und Januar 2019 nahmen 1.162 Männer teil, die an Prostatakrebs erkrankt waren. Sie beantworteten Fragen dazu, wie die Krebsdiagnose ihr Leben und ihren Alltag beeinflusst hatte.
Die Autoren verglichen Männer mit einem Prostatakrebs im Stadium 1 oder 2 mit männlichen Pendants, deren Tumor erst im Stadium 3 oder 4 gefunden worden war. Die wichtigste Erkenntnis war, dass das Stadium des Prostatakrebses einen entscheidenden Einfluss auf viele Aspekte der Lebensqualität und auf die Lebensfreude hatte. So war bei Männern mit späterem Prostatatumor oft das Selbstbewusstsein angeknackst, sie erlebten depressive Phasen und viele fühlten sich unmännlich.
Frühes Krebsstadium bringt Zuversicht und Selbstvertrauen
Wer einen frühen Prostatakrebs hatte, blickte viel zuversichtlicher in die Zukunft: Diese Männer gaben deutlich häufiger an, ihre Erkrankung halte sie keineswegs davon ab, weitere Zukunftspläne zu schmieden. Männer mit späterem Prostatakrebs waren in diesem Punkt – verständlicherweise – zurückhaltender. Bei einem Tumor im früheren Stadium trauten sich die Männer auch eher, andere um Hilfe zu bitten. Manche gaben an, überhaupt keine Unterstützung zu brauchen und selbst gut mit ihrer Krankheit zurechtzukommen.
Krebsstadien Lesen Sie, was das TNM-Stadium besagt. Außerdem: Was lokal begrenzt, lokal fortgeschritten und metastasiert bedeuten. |
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Ein früher Prostatakrebs erlaubt es Männer zudem oft, aus mehreren Behandlungsmöglichkeiten jene auszuwählen, die individuell zu ihrer Lebenssituation, ihren Bedürfnissen und Vorlieben passte. So ist zum Beispiel die Aktive Überwachung (active surveillance) eine Option, bei der Ärzte zunächst keine aktive Therapie wählen. Sie kontrollieren den Krebs nur in engen Zeitabständen. Wächst er, folgt eine Behandlung, zum Beispiel eine Operation oder Strahlentherapie.
Bei Prostatakrebs in späteren Stadien ist dies in der Regel anders. Denn hier die Gefahr ist größer, dass sich die Krebszellen ausbreiten und Metastasen in anderen Organe bilden, meist zuerst in den Knochen. Daher raten Ärzte den Männern in der Regel zu einer sofortigen Behandlung, die meist auch radikaler ausfällt.
So entschieden sich die Männer in der Umfrage bei den Behandlungen:
Prostatakrebs: Erfahrungen sind schon früh sehr unterschiedlich
So machen Männer mit frühem und spätem Prostatakrebs schon gleich nach der Diagnose äußerst unterschiedliche Erfahrungen. Viele Männer mit Krebs im Frühstadium:
- fühlten sich laut der Umfrage kaum krank,
- hatten den Eindruck, die Kontrolle über den zukünftigen Behandlungsplan zu haben und
- kamen gut mit eventuellen Nebenwirkungen zurecht.
Anders sah dies für Männer mit späterem Prostatakrebs aus: Sie begannen meist sofort nach der Krebsdiagnose mit der Behandlung, viele unterzogen sich innerhalb der ersten vier Wochen einer Operation.
Der Kampf mit den Nebenwirkungen schmälert die Lebensqualität
Nach dem Abschluss der Behandlung hatten einige Männer mit Rückfällen sowie einer Reihe unangenehmer Symptome zu kämpfen. Dazu gehörten beispielsweise:
- chronische Müdigkeit „Fatigue“
- Erektile Dysfunktion
- Probleme beim Wasserlassen.
Selbst wenn die schlimmsten Therapien überstanden sind, können ihre Folgen den Körper und die Psyche schwer belasten. Die Beschwerden verschwinden nicht so schnell – oder überhaupt nicht mehr. Dann gilt es, mit ihnen leben zu lernen.
All diese Faktoren können jedoch die Lebensqualität nach der Diagnose entscheidend vermindern. Männer mit späteren Tumoren sagten häufiger, sie fühlten sich nicht mehr „wie ein richtiger Mann“ wegen ihres Prostatakrebses. Auch nagte die Krankheit an ihrem Selbstbewusstsein und brachte ihr Selbstbild ins Wanken. Ihre Sexualität und ihr Intimleben seien nicht mehr so wie früher – das sagten 84 Prozent der Männer. Die Libido kam ihnen abhanden, das Selbstvertrauen schwand und die sexuelle Aktivität nahm immer mehr ab.
Auch das Gefühls- und Sozialleben sowie die Kommunikationsfähigkeit beeinträchtigt ein Prostatakrebs in höherem Stadium offenbar stärker. Diese Männer empfanden es als schwierig, ihre Gefühle auszudrücken und anderen mittzuteilen, was sie gerade beschäftigte. Zum Beispiel gelang es ihnen nicht, mit ihrem Partner oder der Partnerin über ihre Beschwerden und Einschränkungen zu sprechen oder den Schwund ihres sexuellen Verlangens zu thematisieren. Sie sagten häufiger, andere verstünden überhaupt nicht, was sie gerade durchmachten.
Lebensqualität: Prägende Erfahrungen besser verstehen
Diese Unterschiede in den Erfahrungen und Lebensperspektiven, so die Autoren, müssten vielleicht alle Beteiligten zukünftig stärker berücksichtigen: Ärzte, Partner, Familie oder Freunde. „Wir dürfen nicht übersehen, wie unterschiedlich die Erlebnisse und Erfahrungen der Männer mit Prostatakrebs sein können – in diesem Fall durch das diagnostizierte Krebsstadium“, sagt Tim Armand von Health Union. „Die Umfrageergebnisse zeigen, dass wir die vielen Facetten von Lebensqualität und wie diese die Männer prägen, besser verstehen müssen“, so das Fazit von Armand.