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Prostatakrebs: Gesunde Ernährung bringt keinen Extra-Schutz

04. Februar 2020 | von Ingrid Müller

Eine gesunde Ernährung bewahrt Männer offenbar nicht davor, dass ihr Prostatakrebs voranschreitet, ergab die neue MEAL-Studie. Männer sollten aber trotzdem nicht nur essen, was sie wollten, betonen die Forscher.

Männer mit Prostatakrebs sollten sich gesund ernähren – dazu raten Ärzte, Ernährungsexperten und die Leitlinien der Fachgesellschaften. Konkret heißt das: Viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte sowie ungesättigte Fettsäuren aus pflanzlichen Quellen verzehren. Und bei Fleisch, Wurst, tierischen Fette und Alkohol gilt es, sparsam zu sein. Ärzte vermuten die Ernährung schon länger als Mithelfer beim Schutz vor Prostatakrebs. Sie könnte aber auch dazu beitragen, das Wachstum eines bösartigen Prostatatumors aufzuhalten und so die Sterblichkeit der Männer zu senken.

 

Gesunde Ernährung ohne Zusatz-Schutz 

Doch so einfach ist es offenbar nicht mit der Wirkung des gesunden Essens auf den Prostatakrebs, wie die aktuelle Studie „The Men’s Eating and Living (MEAL) ergab. Denn bei Männern, die ihre Ernährung nach der Krebsdiagnose auf „gesund“ umstellten, schritt der Prostatakrebs nicht seltener voran als bei Männern, die dies nicht taten. Der erhöhte Konsum von Obst und Gemüse brachte also keinen zusätzlichen Schutz bei Prostatakrebs. Die Studienergebnisse wurden im renommierten Fachblatt Journal of the American Medical Association (JAMA) veröffentlicht.

Nach unserem derzeitigen Wissensstand kann eine gesunde Ernährung den Prostatakrebs nicht bremsen oder sogar heilen.

J. Kellog Parsons, Urologe, California San Diego School of Medicine

 

Prostatakrebs: Ernährung beeinflusst Verlauf nicht

 „Die Studiendaten lassen vermuten, dass – entgegen der vorherrschenden wissenschaftlichen und öffentlichen Meinung – ein Mehr an Gemüse und Obst den Verlauf des Prostatakrebs nicht verändert“, erklärt Prof. J. Kellog Parsons, Urologe und Studienleiter von der California San Diego School of Medicine and Moores Cancer Center. Das heiße jedoch nicht, dass Männer überhaupt nicht darauf achten sollten, was auf ihrem Speiseplan steht. Denn eine obst- und gemüsereiche Ernährungsweise in Kombination mit mehr Bewegung und Sport stärke ganz allgemein den Körper und die Gesundheit. Und das wiederum könne Krebspatienten dabei unterstützen, die Krebstherapien besser zu überstehen und zu ertragen, so Parsons.

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Mit und ohne Tipps zur Ernährung bei Prostatakrebs

Die Forscher wollten wissen, ob eine Umstellung der Ernährung den Prostatakrebs aufhalten kann. An der MEAL-Studie nahmen 478 Männer zwischen 50 und 80 Jahren an insgesamt 91 Krebszentren in den USA teil. Alle waren an Prostatakrebs im Frühstadium erkrankt (cT2a oder niedriger) und der PSA-Wert lag unter 10 ng/ml. Sie unterzogen sich einer Aktiven Überwachung (active surveillance). Dabei beobachten und kontrollieren Ärzte den Prostatakrebs in regelmäßigen Abständen. Erst wenn der Tumor weiter wächst, beginnt die Behandlung.

Aktive Überwachung 

Erfahren Sie, wie die active surveillance bei Prostatakrebs funktioniert und welche anderen Behandlungsmöglichkeiten es gibt.

Nach dem Zufallsprinzip wurden die Männer in zwei Gruppen eingeteilt. Gruppe eins erhielt lediglich schriftliche Informationen zur Ernährung und zum Prostatakrebs (Kontrollgruppe.) Die Männer aus Gruppe zwei bekamen per Telefon Verhaltensanleitungen zu einer gesünderen Ernährung. Die Ernährungsexperten ermunterten sie dazu, täglich sieben oder mehr Portionen Gemüse zu essen.

  • Die Sorten sollten reich an Carotinoiden sein wie zum Beispiel grünes Blattgemüse, Karotten und Tomaten.
  • Außerdem sollten die Männer viel Kreuzblütler-Gemüse wie Brokkoli und Kohlsorten (z.B. Blumen‑, Grün‑, Rosenkohl) auf ihre Teller bringen.
  • Dazu kamen täglich zwei Portionen Vollkornprodukte, eine Portion Bohnen oder andere Hülsenfrüchte (z.B. Linsen, Erbsen, Kichererbsen) sowie zwei Portionen Obst.
  • Auch zu Gemüsesäften rieten die Ernährungsexperten.

Beide Gruppen beobachteten die Ärzte über zwei Jahre. Gruppe zwei während der Studiendauer regelmässig angerufen, um das neue Ernährungsverhalten zu festigen und mögliche Rückfälle in „alte“ Ernährungsmuster rechtzeitig zu erkennen.

 

Männer mit Ernährungsberatung essen gesünder

Die Männer aus der telefonischen Beratungsgruppe hatten ihren Konsum an Obst und Gemüse deutlich stärker erhöht als die Kontrollgruppe, die keine Ernährungstipps bekommen hatte. Dies ließ sich anhand der höhere Spiegel an Carotinoiden im Blut nachweisen.  Im Schnitt hatten die Männer vor dem Beginn der Studie 3,38 Portionen Gemüse am Tag gegessen. Nach zwölf Monaten waren es in der „Beratungsgruppe“ 2,43 Portionen mehr, bei Studienende immer noch rund zwei Portionen. Gruppe eins dagegen hatte in diesen Zeitraumen nur 0,45 beziehungsweise 0,37 Portionen Gemüse mehr konsumiert.

 

Gesunde Ernährung kann Prostatakrebs nicht bremsen

Dennoch gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen beiden Gruppen, was das Fortschreiten des Prostatakrebses anging. Das Mehr an Mikronährstoffen bot demnach keinen „Extra-Krebsschutz“. In der Kontrollgruppe wuchs der Krebs bei 121 Männer weiter, in der Gruppe mit der gesünderen Ernährung schritt der Tumor bei 124 Männern voran.

Damit sei eine der häufigsten Fragen der Männer beantwortet – nämlich ob sie mit Hilfe einer Ernährungsumstellung das Risiko senken können, ihren Prostatakrebs irgendwann behandeln lassen zu müssen, so die Forscher. „Wir haben nun gute Hinweise darauf, dass eine Ernährungsweise mit viel Obst und Gemüse und wenig rotem Fleisch keinen Einfluss auf die Notwendigkeit einer Behandlung bei Prostatakrebs hat“, betont Prof. James Mohler, Onkologe am Roswell Park Comprehensive Cancer Center.

 „Allerdings sind die Studienergebnisse kein Freifahrtschein für Männer, alles zu essen, was sie wollen.“ Die positiven Auswirkungen einer fettarmen sowie obst‑, gemüse- und vollkornreichen Ernährung auf die allgemeine Gesundheit seien wissenschaftlich gut belegt, so Mohler.

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Einfluss der Ernährung bei Krebs noch unklar

Schon seit längerem diskutieren Forscher und Ärzte, welche Rolle die Ernährung bei Krankheiten spielt. Bei der Zuckerkrankheit Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen gibt es viele Hinweise darauf, dass sich eine gesunde Ernährung positiv auf die Krankheit auswirkt. „Bei Krebserkrankungen allerdings nicht“, sagt Urologe Parsons. „Selbst wenn sich in der Studie kein positiver Effekt der Ernährung auf den Prostatakrebs feststellen ließ – sie zeigte, dass ein einfaches Verhaltensprogramm Patienten dazu bringen kann, sich für gesündere Lebensmittel zu entscheiden und ihre Ernährung zum Guten zu wenden“, so Parsons. Es sei jetzt einen Versuch wert, den Einfluss der gesunden Ernährung bei Männern mit fortgeschrittenem Prostatakrebs zu überprüfen.  

 

Kann die Ernährung vor Prostatakrebs schützen?

Bei der Entstehung von Prostatakrebs ist die Ernährung jedoch wahrscheinlich beteiligt, wie einige Studien vermuten lassen. So kommt Prostatakrebs zum Beispiel in asiatischen Ländern deutlich seltener vor als in europäischen Ländern, die eine westliche Ernährungsweise pflegen. Sogar innerhalb Europas gibt es ein Gefälle beim Prostatakarzinom zugunsten der südeuropäischen Länder. Dass die Gene hier keine Rolle spielen, zeigt sich anhand folgender Tatsache: Chinesische Männer, die in die USA umziehen, erkranken häufiger als Männer in China. Forscher bringen dies mit den verschiedenen Ernährungsgewohnheiten sowie  sozioökonomischen Faktoren in Verbindung. So scheinen sich Phytoöstrogene – besonders  Soja – und Lycopene aus Tomaten schützend auszuwirken.

 

Prostatakrebs vorbeugen – 4 Tipps zum Schutz

Die Amerikanische Krebsgesellschaft ACS gibt folgende Tipps, mit denen Sie einer Krebserkrankung bis zu einem gewissen Maß vorbeugen können:

  1. Achten Sie auf ein gesundes Gewicht. Und wenn Sie übergewichtig oder fettleibig (adipös) sind, versuchen Sie abzunehmen und ein gesundes Gewicht zu erreichen. Schon einige Kilos weniger helfen Ihrer Gesundheit.
  2. Seien Sie körperlich aktiv – bewegen Sie sich ausreichend und treiben Sie am besten Sport. Empfohlen sind 150 Minuten mäßige körperliche Aktivität pro Woche (z.B. 5x 30 Minuten pro Tag). Am besten bewegen Sie sich jedoch an allen Tagen der Woche. Verbringen Sie möglichst wenig Zeit im Sitzen, etwa vor dem PC oder TV.
  3. Ernähren Sie sich gesund – verzehren Sie bevorzugt pflanzliche Produkte und wenig verarbeitetes und rotes Fleisch. Essen Sie täglich ausreichend Obst und Gemüse (mindesten fünf am Tag) sowie Vollkorn- statt Weißmehlprodukte. Seien Sie sparsam mit Lebensmitteln, die viele Kalorien enthalten (Softdrinks, Schokolade, Kuchen, Torten etc.)
  4. Trinken Sie nur mäßig Alkohol. Und wenn Sie zu viel trinken – versuchen Sie, Ihren Alkoholkonsum zu reduzieren

Quellen