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„Bewegung ist in allen Phasen der Krebserkrankung wichtig“
08. April 2025Bewegung und Sport können bei einer Krebserkrankung wie Prostatakrebs helfen. Welche Effekte körperliche Aktivität hat und wie Menschen besser in Bewegung kommen, erklärt Dr. Laura Schmidt im Interview.
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Frau Dr. Schmidt, wie wichtig ist Bewegung bei Krebserkrankungen?
Sehr wichtig, und zwar in verschiedenen Phasen der Krebserkrankung! Wenn Ihnen zum Beispiel eine Operation bevorsteht, können Sie schon als Vorbereitung trainieren, damit Sie einen besseren körperlichen Grundstatus haben. Dann kommen Sie nach dem Eingriff auch schneller wieder auf die Beine. Außerdem gibt es aus Studien viele Nachweise, dass Bewegung auch dabei mit hilft, die Überlebenswahrscheinlichkeit zu erhöhen.
Auch der Körper profitiert, zum Beispiel durch eine höhere Knochendichte und mehr Muskelmasse. Im Bereich der psychischen Gesundheit kann Bewegung ebenfalls viel bewirken, zum Beispiel weniger depressive Verstimmungen und weniger Angsterkrankungen. Alle Faktoren zusammen helfen Ihnen im Alltag und Sie finden besser zu Ihrem gewohnten Level zurück.
Das klingt ja fast wie ein Wundermittel - beweg dich und alles wird besser. Vielen fehlt allein der Glaube daran.
Ja, da haben Sie Recht. Sie können nicht einfach sagen, dass Bewegung eine Medizin ist, die Sie halt einnehmen und gut ist es, sondern Sie müssen sich selbst dazu motivieren.
Und wie?
Nach Albert Bandura, einem Sozialpsychologen, gibt es vier Quellen der Selbstwirksamkeit. Diese können Sie nutzen, um Ihre Motivation zu steigern. Zuerst sollten Sie nach Erfolgserlebnissen gucken, die auch in der Vergangenheit liegen können. Vielleicht erinnern Sie eine Phase, in der Sie nicht aktiv waren, es dann aber geschafft haben, wieder mehr Aktivität in Ihren Alltag einzubauen? Überlegen Sie, wie Ihnen das damals gelungen ist. Sie können auch derzeitige kleine Erfolge aufschreiben und ein Erfolgstagebuch zur Motivation führen.
Eine zweite Quelle ist, nach Rollenmodellen zu suchen. Kennen Sie Menschen in Ihrer Umgebung, die trotz Krebserkrankung aktiv sind? Lassen Sie sich von anderen inspirieren, vielleicht auch von berühmten Persönlichkeiten oder Marathonläufern. Sie können aber - das ist die dritte Quelle - auch gute Therapeutinnen und Therapeuten im Bewegungsbereich suchen und sich animieren und mitziehen lassen.
Quelle Nummer vier ist, dass Sie auf Ihren Körper hören. Manche Menschen haben Angst, dass ihr Herz zu stark schlägt und sie das Training nicht schaffen. Nach einer ersten kleinen Einheit bemerken sie dann, dass sie sich gut und entspannt fühlen. Sie konnten sich auf sich selbst konzentrieren, hatten positive Emotionen und nehmen wahr, was mit ihrem Körper passiert, wenn sie sich bewegen. Das bringt sehr viel Gutes mit sich, was wiederum die eigene Selbstwirksamkeit stärkt.
Welche Art der Bewegung empfiehlt sich denn für Menschen, die nicht von Kindesbeinen an aktiv waren und wie können sie in Bewegung kommen?
Gut wirksam sind strukturierte Bewegungsprogramme. Am einfachsten ist es, wenn Sie sich in Ihrer Region nach Bewegungsangeboten umsehen und sich beraten lassen, welche Kurse für Sie in Frage kommen. Ihr Vorsatz, sich mehr zu bewegen, lässt sich so leichter umsetzen, als wenn Sie Ihren inneren Schweinehund jeden Tag selbst überwinden müssen. Sie haben außerdem den Vorteil, dass Sie angeleitet und überprüft werden, ob vielleicht Gründe gegen Bewegung und Sport sprechen. Ich würde Ihnen empfehlen, sich in einem strukturierten, professionell angeleiteten Programm anzumelden.
Vielleicht wissen Sie aber auch schon aus der Zeit vor der Krebserkrankung, welche Sportart Ihnen Spaß macht und gut tut. Lassen Sie ärztlich abklärt, ob Sie mit dem Training wie zum Beispiel vor einer Operation weitermachen können. Dann spricht nichts dagegen.
Kann körperliche Aktivität auch Menschen mit einer Fatigue helfen, einer übermäßigen Müdigkeit, Erschöpfung und Kraftlosigkeit?
Die Fatigue kann im Zusammenhang mit der Krebserkrankung entstehen. Dann ist Bewegung sehr wichtig und ein zentraler Bestandteil der Behandlung. Wir versuchen dabei, den Teufelskreis zu durchbrechen aus: Ich bin müde, antriebslos, reduziere meine Bewegung, bekomme Muskelschwund und die Müdigkeit und Erschöpfung verschlimmern sich weiter. Wir bieten Hilfestellung, aus diesem Teufelskreis herauszukommen, möglichst unter Anleitung.
Mit einer Krebsdiagnose müssen die meisten auch mental klarkommen. Die Todesangst sitzt oft im Hinterkopf und bleibt auch dort. Kann Bewegung hier ebenfalls helfen?
Ja, wir sehen, dass Bewegung bei der Therapie von depressiven Episoden und Depressionen helfen kann. Es gibt einige Schnittmengen mit den Emotionen und Gefühlen, die viele nach einer Krebsdiagnose verspüren. Bewegung setzt im Körper, aber eben auch in der Psyche viele positive Effekte in Gang. Durch körperliche Aktivität tun Sie viel für Ihre mentale und körperliche Gesundheit. Zusätzlich können Sie einen sozialen Austausch haben. Vielleicht treiben Sie gemeinsam mit anderen Betroffenen Sport und unterhalten sich. Sie können vielleicht Ängste oder Unsicherheiten klären.
*Privatdozentin Dr. Laura Schmidt arbeitet am Institut für Psychologie der Universität Heidelberg.