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Prostata-OP mit Roboter: „Wir Ärzte sind für jeden Millimeter Bewegung verantwortlich“

09. April 2025

Die OP bei Prostatakrebs ist auch mit einem Roboter möglich. Der Tumorchirurg Prof. Philipp Nuhn erklärt die Vorteile und warum Männer keine Angst vor dem Robotereingriff haben müssen.

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Herr Prof. Nuhn*, welche Vorteile hat eine Prostataoperation, in der ein Roboter assistiert, im Vergleich zur offenen Prostata-OP?

Sie hat verschiedene Vorteile. Einer davon ist, dass die Patienten deutlich schneller wieder fit sind. Ehrlicherweise muss man aber sagen, dass sie nach einer offenen Prostata-Operation meist ebenfalls schnell aus dem Krankenhaus entlassen werden können. Mit dem Roboter gewinnen wir vielleicht ein oder zwei Tage im Vergleich zur offenen OP. Die meisten Kliniken lassen ihre Patienten innerhalb von wenigen Tagen bis knapp einer Woche wieder nach Hause.

Bietet der Roboter auch für Sie als Operateur Vorteile?

Ja, ich habe eine bessere Sicht auf das Operationsgebiet aufgrund der Vergrößerung durch den Roboter. Ich kann die Strukturen besser erkennen, die ich erhalten möchte. Meist blutet es weniger, was die Sicht zusätzlich verbessert, und ich kann mir einfach mehr Zeit lassen.

Wichtig ist, dass wir bei dem Eingriff die Kontinenz sichern. Wir müssen sehen, dass der Harnröhrenschließmuskel erhalten bleibt. Hier bietet der Roboter einen großen Vorteil. Wir können in der Rekonstruktion Dinge machen, die beim offenen Operieren nicht möglich wären. Vorteile haben wir aus meiner Sicht auch bei dem Erhalt der Nerven, die für Erektionsfähigkeit zuständig sind.

Und zuletzt ist es aus operativer Sicht angenehmer und es macht mehr Spaß, mit dem Roboter zu operieren. Er gibt einem insgesamt ein besseres Gefühl. In Deutschland setzt sich die roboterassistierte OP ja jetzt mehr und mehr durch.

Sie sind Chefarzt am Universitätsklinikum in Schleswig-Holstein in Kiel. Wie hoch ist bei Ihnen der Anteil an Bauch-OPs im Vergleich zu roboterassistierten Eingriffen?

Mein Spezialgebiet ist die Tumorchirurgie. Darunter fallen Operationen bei Blasenkrebs, Nierenkrebs und Prostatakrebs. Ich würde schätzen, dass wir derzeit weit über 95 Prozent der Patienten mit dem Roboter operieren.

Diese Zahl spricht für sich. Trotzdem treffe ich immer wieder Männer, die skeptisch sind und dem Roboter nicht trauen. Was ist, wenn er außer Kontrolle gerät?

Der Ausdruck Roboter ist falsch, weil er eigentlich keiner ist. Roboter hieße, dass wir ihm ein Programm eingeben und er dann irgendwelche Ausführungen selbst macht. Das ist aber nicht der Fall. Wir sind als Operateure für jeden Millimeter der Bewegung von allen Instrumenten verantwortlich. Hier kann ich also Entwarnung geben und Patienten beruhigen. Ein Patient ist auch nicht allein mit dem Roboter im OP-Saal, sondern es gibt zum Beispiel Schwestern oder Pfleger und der Operateur sitzt in der Regel zwei Meter nebendran. Da kann also wenig passieren.

Könnte der Roboter zukünftig alleine ohne Sie als Arzt operieren?

Wir sind derzeit noch nicht so weit, dass etwas gemacht wird, was nicht in der Hand des Operateurs liegt. Ich könnte mir aber vorstellen, dass es in den nächsten Jahren durch Entwicklungen der Künstlichen Intelligenz neue Möglichkeiten gibt, den Operateur zu unterstützen, wie das bei Assistenzsystemen der Fall ist.

Eine der Top-3-Fragen, die wir bei der Prostata Hilfe bekommen, ist: Wie finde ich die richtige Klinik für eine solche Operation?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Der erste und beste Weg ist, dass Sie Ihren Hausarzt oder Urologen fragen. In der Regel haben sie einen größeren Stamm an Patienten, die schon operiert worden sind. Eine weitere Möglichkeit ist, dass Sie über Tools wie die AOK-Krankenhaussuche nach großen Zentren suchen, die viel operieren.

Je größer ein Zentrum, desto besser ist es?

Natürlich ist die Größe des Zentrums keine Garantie dafür, dass derjenige, der sie operiert, auch viel Erfahrung hat. Ich denke, Sie sollten dort einen Termin vereinbaren, sich vorstellen und dann versuchen herauszufinden, welche Erfahrungen der Arzt genau hat. Patienten haben den Hebel, sich die Klinik mit einer hohen Expertise auszusuchen. Letztlich bezieht sich das aber nicht nur auf operative Verfahren, sondern auch zum Beispiel auf eine Strahlentherapie. Neue und große Zentren sind eben oft so ausgestattet, dass sie moderne Behandlungsmethoden anbieten können.

*Prof. Philipp Nuhn ist Tumorchirurg und Chefarzt am Universitätsklinikum in Schleswig-Holstein in Kiel.