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„Großteil der Männer kann sich bei Prostatakrebs bestrahlen lassen“

08. April 2025

Bei Prostatakrebs gibt es viele Behandlungen, zum Beispiel die Operation oder Strahlentherapie. Der Strahlentherapeut Prof. Jürgen Dunst erklärt im Interview, wann sich die Bestrahlung eignet und was ein Ausschlusskriterium wäre.  

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Herr Prof. Dunst*, viele Männer mit Prostatakrebs stehen vor der Frage, ob sie sich operieren lassen sollten oder vielleicht eine Strahlentherapie die bessere Variante ist. Was würden Sie empfehlen?

Im Allgemeinen würde ich sagen, dass die Strahlentherapie ein sehr schonendes Verfahren ist. Gerade ältere Männer, die auch Risikofaktoren wie ein Narkoserisiko mitbringen, sind eventuell mit Strahlentherapie besser beraten. Natürlich muss man das immer im Einzelfall abwägen. Es gibt auch Situationen, wo eine Operation eindeutig das bessere Verfahren ist. 

Und zwar wann? 

Zum Beispiel bei sehr, sehr jungen Männern, die genetische Risikofaktoren haben, oder bei Patienten, die schon einmal im Beckenbereich bestrahlt worden sind, zum Beispiel wegen Darmkrebs. Es gibt auch Männer, die vielleicht aus verschiedenen Gründen der Bestrahlung nicht vertrauen. Man muss ja auch ein Vertrauen in das Therapieprinzip haben. Ich glaube, wir müssen hier ehrlich mit den Patienten sprechen. Ich würde aber jedem Patienten, der vor einer solchen Entscheidung steht, empfehlen, sich bei einem Facharzt für Strahlentherapie beraten zu lassen.

Kommt denn eine Bestrahlung für jeden Mann mit Prostatakrebs in Frage? 

Es gibt nur sehr wenige Ausschlusskriterien für eine Strahlentherapie. Wenn wir 100 oder 150 Patienten pro Jahr bei uns behandeln, ist vielleicht einen Mann darunter, für den definitiv keine Bestrahlung in Frage kommt. Der Großteil der Patienten kann sich also guten Gewissens bestrahlen lassen.

Was wäre denn ein Ausschlusskriterium? 

Wir haben gerade einen Patienten, der vor fünf Jahren wegen Mastdarmkrebs behandelt wurde. Auch die Prostata wurde mit einer gewissen Dosis bestrahlt. Hier muss man extrem vorsichtig sein und prüfen, ob eine weitere Bestrahlung überhaupt möglich wäre. In dem beschriebenen Fall wäre allerdings auch die Operation schwieriger. Wir schauen uns immer jeden Einzelfall an und entscheiden dann.

Wie bekomme ich heraus, wer bei der Anwendung der Strahlentherapie wirklich gut ist?

Bei der Operation mögen die Fähigkeiten des Operateurs ein wichtiges Kriterium sein. Die Technologie, die wir Ärzte für die Bestrahlung einsetzen, ist aber sehr ähnlich. Außerdem haben wir den Vorteil, die Gerätetechnik mögliche Fehler ausgleichen würde. In den nächsten Jahren werden wir vermutlich alle die gleichen Programme für die Dosisberechnung verwenden, sodass die Qualitätsunterschiede bei der Strahlentherapie relativ gering sind.

Das Prinzip „Wer mehr Operation macht, hat mehr Erfahrung und ist somit auch besser“ gilt also für die Strahlentherapie nicht?

Es gilt im Prinzip auch. Wenn man mehr Patienten bestrahlt, gewinnt man mehr Erfahrung und kennt sich mit dem Krankheitsbild besser aus. Wenn wir eine Bestrahlungsplanung entwerfen, kommt es aber darauf an, dass wir bestimmte Grenzwerte an einigen Organen nicht überschreiten. Diese Grenzwerte werden uns aber automatisch angezeigt. Insofern ist das Risiko sehr gering, dass uns ein schwerwiegender Fehler unterläuft.

Soll ich eine Klinik oder eine radiologische Praxis für die Strahlentherapie aufsuchen?

Wichtig ist, dass Ärzte gut mit dem Krankheitsbild vertraut sind und ihre Patienten bestmöglich betreuen. Wenn ein Mann zum Beispiel Beschwerden während der Behandlung hat, sollten ausreichend Ärzte da sein, die sich gut damit auskennen. Das ist sicherlich an den größeren Einrichtungen etwas besser. Wenn Sie keine Möglichkeit haben, in eine große radiologische Einrichtung zu fahren, aber eine kleinere radiologische Praxis in der Umgebung haben, können Sie die Strahlentherapie dort guten Gewissens durchführen lassen. Es kann nicht viel schiefgehen.

*Prof. Dr. Jürgen Dunst ist Facharzt für Strahlentherapie in Kiel.