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Prostataerkrankungen: „Wir müssen nur alt genug werden“

25. März 2025

Prostatakrebs und die gutartige Prostatavergrößerung betreffen viele Männer. Der Urologe Dr. Frank Schiefelbein beantwortet die wichtigsten Fragen zu Risikofaktoren, Schutz und zum Leben ohne Prostata.

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Herr Dr. Schiefelbein*, jedes Jahr erkranken in Deutschland etwa 70.000 Männer an Prostatakrebs. Wie hoch ist eigentlich das Risiko für diese Krebsart?

Das Lebenszeitrisiko eines Mannes für Prostatakrebs lässt sich zwar nicht allgemein beziffern, aber immerhin betrifft das Prostatakarzinom jeden achten Mann im Lauf seines Lebens. Und etwa jeder 30. Mann verstirbt an seinem Prostatakrebs.

Kann ich selbst etwas dafür tun, um möglichst nicht an Prostatakrebs zu erkranken?

Wir kennen verschiedene Risiken für Prostatakrebs. Der Hauptrisikofaktor ist das Alter, das Sie leider nicht beeinflussen können. Mit zunehmenden Lebensjahren steigt allgemein die Gefahr für Krebserkrankungen, auch für Prostatakrebs. Außerdem wissen wir, dass es genetische Risiken für Prostatakrebs gibt. Wenn schon Krebserkrankungen in der Familie vorkommen, vor allem Prostatakrebs beim Vater, Großvater oder Bruder, dann ist das Risiko für einen Mann auch erhöht. Die Gene können Sie zwar ebenfalls nicht beeinflussen, aber Sie können vorsichtig sein und schon ab dem 40. oder spätestens ab dem 45. Lebensjahr zur Früherkennung gehen. Diese sollten Sie dann regelmäßig wahrnehmen.

Kann ich mich zum Beispiel durch gesunde Ernährung oder viel Bewegung vor Prostatakrebs schützen?

Eine gesunde Lebensführung ist insgesamt wichtig, um Krebserkrankungen zu vermeiden. Konkret heißt das: gesund und ausgewogen essen, ein zu hohes Körpergewicht vermeiden, möglichst wenig oder keinen Alkohol trinken und nicht rauchen. Das sind Dinge, die letztendlich unser Immunsystem schwächen. Und das Abwehrsystem spielt bei der Entstehung von Tumoren allgemein eine Rolle.

Bei Prostatakrebs wird oft die gesamte Prostata entfernt. Viele Männer stellen sich die Frage: Kann ich überhaupt ohne Prostata leben?

Auf jeden Fall! Ohne Prostata können Sie gut und meist auch mit voller Lebensqualität leben. Sie ist ja kein lebenswichtiges Organ, allerdings ein wichtiges Fortpflanzungsorgan. Bei den meisten Männern ist aber die Familienplanung in jenem Alter, in dem der Prostatakrebs auftritt, schon abgeschlossen. Es gibt heute auch nervenschonende Operationsmethoden, die auf die Potenz und die erektile Funktion Rücksicht nehmen. Wir versuchen, die Sexualfunktion so gut wie möglich zu erhalten. Gleiches gilt auch, wenn wir die Strahlentherapie anwenden. In der Regel gelingt das sehr gut, wenn Prostatakrebs in einem Frühstadium erkannt wird und noch auf die Prostata begrenzt ist.

Es gibt  nicht nur bösartige Prostataerkrankungen, sondern auch gutartige, zum Beispiel die Prostatavergrößerung. Worum handelt es sich dabei?

Die benigne Prostatahyperplase oder BHP spielt sich in der Drüse der Prostata ab. Es findet eine Vermehrung des Prostatagewebes statt, die aber gutartig ist und mit dem bösartigen Veränderungen der Prostata nichts zu tun hat. Beide sind also völlig unterschiedliche Erkrankungen. Die Gewebevermehrung führt mit der Zeit dazu, dass die Harnröhre eingeengt wird. Der Harnstrahl und die Blasenfunktion verschlechtern sich und es bleibt Restharn in der Blase. Manche Männer können ihre Blase überhaupt gar nicht mehr richtig entleeren - dann können die Nieren Schaden nehmen.

Wie viele Männer betrifft die Prostatavergrößerung denn?

Letztendlich ist die gutartige Prostatavergrößerung eine Art Volkskrankheit, denn sie betrifft nahezu jeden Mann irgendwann einmal. Ab dem 50. Lebensjahr haben schon 50 Prozent der Männer eine vergrößerte Prostata. Jeder dritte Mann braucht eine Behandlung, zum Beispiel pflanzliche Arzneimittel oder chemische  Medikamente zu Beginn oder später eine Operation. Diese Erkrankungsrate steigt mit dem Alter immer weiter an: Bei den Männern über 70 Jahre haben schon mehr als 70 Prozent eine gutartige Prostatavergrößerung.  Wir müssen also nur alt genug werden.

*Dr. Frank Schiefelbein ist Facharzt für Urologie und Chefarzt der Klinik für Urologie am KWM Klinikum Würzburg Mitte. Zudem ist er Mitbegründer der Prostata Hilfe e.V.