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Radiochirurgie – Cyberknife gegen Prostatakrebs

25. Januar 2023 | von Ingrid Müller
Aktualisiert und medizinisch geprüft am 25.1.2023
Ingrid Müller, Chefredakteurin und Medizinjournalistin

Cyberknife ist eine Bestrahlungsmethode, bei der Ärzte und Ärztinnen mit einem präzisen „Strahlenmesser“ gegen bösartige Tumoren vorgehen – in der Prostata, aber auch in vielen anderen Organen und Geweben. Alles über die Radiochirurgie und das „Operieren mit Strahlen“ statt mit einem Messer.

Kurzüberblick

  • Was ist Cyberknife? Eine Methode aus der Radiochirurgie, die mit einem “Messer aus Strahlen” arbeitet und sehr präzise ist, kommt bei verschiedenen Krebsarten zum Einsatz
  • Wie funktioniert sie? Kombiniert drei Technologien: Linearbeschleuniger, Präzisionsroboter und Bildortungssystem
  • Für wen geeignet? Bei lokal begrenztem Prostatakrebs, manchmal auch bei einem Rückfall (Rezidiv) und bei Metastasen
  • Wie wirkt Cyberknife? Arbeitet mit Röntgenstrahlen, welche die Krebszellen schädigen und absterben lassen. Besonderheiten: Berücksichtigt, dass die Prostata beweglich ist und ihre Lage verändern kann – passt die Bestrahlung entsprechend an
  • Ablauf: Erst Planungs-CT, dann Bestrahlungsplan  und schließlich den Tumor bestrahlen
  • Vorteile: z.B. kurze Dauer, nicht-invasiv, schonend für gesundes Gewebe
  • Nachteile: nicht für jeden Mann geeignet, nur bei kleinen Tumoren
  • Kosten: Viele gesetzliche Krankenkassen bezahlen die Bestrahlung, aber immer vorher nachfragen!

Was ist Cyberknife?

Cyberknife ist eine noch relativ neue radiochirurgische Methode, mit der sich gut- und bösartige Tumoren sehr präzise bestrahlen lassen. Das Wort Radiochirurgie bedeutet so viel wie „Operieren mit Strahlen“. Und Cyberknife lässt sich mit einem Messer vergleichen, das mit Strahlen schneidet. Entwickelt wurde die Bestrahlungsmethode von Forschern der Standford University.

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Warum wir den Markennamen Cyberknife nennen:

  • Der Name „Cyberknife“ hat sich in den Sprachgebrauch eingebürgert – bei Ärztinnen und Ärzten und Patienten.
  • Wir haben unsere Nutzer im Blick: Wer nach der radiochirurgischen Methode im Internet sucht, soll den redaktionellen Inhalt auch auffinden und sich informieren können.
  • Neben dem Cyberknife gibt es noch andere Methoden der Radiochirurgie, die nach dem gleichen Prinzip arbeiten, zum Beispiel TrueBeam oder Novalis. Verschiedene Kliniken in Deutschland bieten sie an.

Radiochirurgen und Radiochirurginnen richten dabei hohe Strahlendosen auf kleine Bereiche des Körpers, zum Beispiel auf bösartige Tumoren in der Prostata. So lässt sich gesundes Gewebe in der Umgebung besser schonen. Das Verfahren heißt auch „hypofraktionierte perkutane Strahlentherapie“. (perkutan = über die Haut). Im Vergleich zur normalen Bestrahlung funktioniert Cyberknife mit einer höheren Einzeldosis, geringerer Gesamtdosis und einer meist kürzeren Behandlungsdauer.

Stereotaktische Bestrahlung – was ist das?

Die stereotaktische Bestrahlung ist eine sehr präzise Methode der Strahlentherapie. Sie kann kleine Tumore oder Metastasen schonend und wirksam behandeln. Radiologen und Radiologinnen können dabei hohe Einzeldosen gezielt auf den Tumor richten und Risikoorgane besser schützen. Die Therapie ist ambulant möglich.

Wie funktioniert Cyberknife?

Cyberknife kombiniert drei verschiedene Technologien miteinander, die gemeinsam Hand in Hand arbeiten und so eine genaue Bestrahlung von Tumoren ermöglichen.

- Linearbeschleuniger

Ein Linearbeschleuniger erzeugt hochenergetische Photonenstrahlen (Röntgenstrahlen) und lenkt sie aus vielen verschiedenen Richtungen des Raums auf den Tumor. Die Strahlen treffen gebündelt auf das Krebsgewebe, überlagern sich dort, entfalten gezielt ihre Wirkung und schalten so den Tumor aus – vergleichen lässt sich dies mit einem „Kreuzfeuer“, in das der Krebsherd gerät.

Jeder einzelne Strahl für sich genommen wäre zu schwach, um dem Tumor etwas anhaben zu können. Aber zusammen genommen entfalten die Strahlen eine enorme Schlagkraft. Das umliegende gesunde Gewebe bekommt nur einen geringen Teil der Strahlenenergie ab und lässt sich somit weitgehend schonen.

- Präzisionsroboter

Der Photonenstrahler ist an einem Roboterarm befestigt, der mehrere Gelenke besitzt und sich daher flexibel steuern lässt. Der Roboter besitzt verschiedene Sicherungssysteme, damit er dem Patienten bei der Bestrahlung nicht zu nahe kommt.

- Computergesteuertes Bildortungssystem und dynamische Positionskorrektur

Cyberknife verfügt über ein spezielles Bildortungssystem. Dieses besteht aus zwei Röntgenröhren an der Decke und zwei Bilddetektoren, die sich im Boden befinden. So lassen sich Strukturen und Organe präzise im Raum orten. Außerdem lässt sich die Position des Roboters dynamisch anpassen. 

  • Patienten haben während der Bestrahlung LEDs auf ihrem Oberkörper, deren Bewegungen eine Kamera aufzeichnet. 
  • Während der Cyberknife-Behandlung verfolgt und korrigiert das System die Bewegungen des Patienten in Echtzeit. 
  • Es fertigt kontinuierlich neue Röntgenbilder an und vergleicht sie mit den ursprünglichen Aufnahmen der Computertomografie. So kann das System Abweichungen berechnen und Bewegungen des Tumors ausgleichen, zum Beispiel wenn ein Patient atmet (Atemkompensation).
  • Beide Informationen – die Tumorposition und die Atembewegung – synchronisiert das System zeitlich und erstellt dann ein Modell der Tumorbewegung.

 

Protonenbestrahlung

Bei einer Protonenbestrahlung kommen positiv geladene Teilchen zum Einsatz, die Prostatatumoren zerstören können. Lesen Sie, wie das genau funktioniert.

Prostata Hilfe Deutschland: Illustrationsbild - Protonen
© Panos/Adobe Stock

Cyberknife bei Prostatakrebs – für welchen Mann?

Die Methode eignet für Männer mit lokal begrenztem Prostatakrebs. Manchmal wenden Radiochirurgen und Radiochirurginnen sie auch bei lokalen Rückfällen (Rezidiven) sowie Metastasen in den Lymphknoten oder Knochen an. Allerdings dürfen nicht zu viele Metastasen vorhanden sein. Bislang ist Cyberknife bei Prostatakrebs eine experimentelle Methode. Das bedeutet, dass Ärzte und Ärztinnen sie nur im Rahmen von Studien durchführen sollten.

Allgemein ist Cyberknife zur Behandlung von gut- und bösartigen Tumoren in verschiedenen Körperbereichen zugelassen, zum Beispiel Gehirn, Rückenmark, Wirbelsäule, Prostata, Lunge, Leber, Niere oder Bauchspeicheldrüse. 

Ob diese Form der stereotaktischen Bestrahlung für Sie in Frage kommt, hängt von der Art und Größe des Tumors ab. Zudem spielen noch individuelle Faktoren eine Rolle. Besprechen Sie sich immer mit Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer Ärztin, ob Cyberknife eine Behandlungsmöglicheit für Sie ist.

Wie wirkt Cyberknife?

Dei radiochirurgische Methode funktioniert mit Hilfe von gebündelten Röntgenstrahlen. Diese schädigen das Erbgut der Krebszellen, die DNA. Im Gegensatz zu gesunden Zellen können bösartige Tumorzellen diese Schäden nicht mehr reparieren. Sie können sich nicht mehr teilen und vermehren – dann sterben sie ab. Der Körper beseitigt die toten Zellen im Anschluss.

Manchmal stellt sich die Wirkung der Cyberknife-Bestrahlung erst allmählich ein. Einige Tumoren verschwinden langsamer als andere. Aber auch geringfügige Veränderungen lassen sich positiv deuten – etwa, wenn der Tumor sein Wachstum einstellt oder nicht mehr aktiv ist. Wichtig ist es daher, dass Radiologen und Radiologinnen Erfahrung mit dem Verfahren haben und die Ergebnisse richtig interpretieren können. 

Cyberknife bei Prostatakrebs – was sind die Besonderheiten?

Die Prostata ist ein bewegliches Organ – wie viele andere Organe auch. Und das ist eine große Herausforderung für Radiologen und Radiologinnen. Denn die Prostata kann ihre Position aufgrund der Darmaktivität, Füllung von Darm und Blase oder Bewegungen des Patienten (z.B. beim Atmen) unvorhersehbar ändern. Dann verändert sich auch die Lage des Tumors, den es zu bekämpfen gilt. 

Zudem ist die Prostata selbst auf Röntgenaufnahmen nicht erkennbar. Um sie ausfindig zu machen, implantieren Ärzte und Ärztinnen vor der Behandlung vier kleine Goldmarker in die Prostata, sogenannte “Fiducials“. Dies geschieht unter örtlicher Betäubung und Kontrolle durch Ultraschallbilder.

Anhand dieser Goldmarker lässt sich später die Position der Prostata per Bildortungssystem bestimmen und korrigieren. Dieses System ortet, verfolgt und korrigiert Bewegungen automatisch – so lassen sich die einzelnen Strahlen gezielt zu ihrem Ziel hin steuern und abgeben. Gesundes Gewebe in der Umgebung der Prostata lässt sich auf diese Weise besser schonen.

Strahlentherapie

Lesen Sie die besten Tipps zur Hautpflege und Ernährung bei einer Strahlentherapie.

Prostata Hilfe Deutschland: Duschkopf mit Wasserstrahl
(c) Seregas/Pixabay.com

Cyberknife – Ablauf der Bestrahlung

Die Strahlenbehandlung ist ambulant möglich. Sie können anschließend also wieder nach Hause gehen. Wie bei jeder Behandlung steht am Anfang das Gespräch zwischen Arzt oder Ärztin und Patient. Wer die Cyberknife-Behandlung durchführt, muss  gut über Ihre Krankengeschichte Bescheid wissen, zum Beispiel darüber:

 Ärzte und Ärztinnen erklären Ihnen die Behandlung ausführlich. Sie sagen Ihnen, wie sie abläuft und welche Chancen und Risiken sie birgt. Wichtig ist eine gute Planung der Therapie. Folgende Schritte umfasst die stereotaktische Strahlentherapie:

- Computertomografie (Planungs-CT)

Ärztinnen und Ärzte ermitteln zunächst die genaue Form und Lage des Tumors in der Prostata anhand einer Computertomografie (CT). Diese arbeitet mit Röntgenstrahlung und nimmt den Körper „scheibchenweise“ auf. Meist kommt ein Kontrastmittel zum Einsatz. So entstehen detaillierte Schnittbilder aus dem Körperinneren. Daraus errechnen sie wiederum die notwendige Strahlendosis und Einstrahlrichtung.

Die Daten aus dem Planungs-CT verwenden Ärztinnen und Ärzte später zum Abgleich mit der tatsächlichen Position während der Cyberknife-Behandlung. Weil die Prostata beweglich ist und sich später verschieben kann, implantieren sie vorab unter örtlicher Betäubung über den Damm winzige Goldmarker zur Markierung. Diese Stifte aus Gold sind wenige Millimeter lang und dienen als Orientierung während der Bestrahlung.

- Bestrahlung planen

Experten und Expertinnen erstellen vor der eigentlichen Behandlung einen ausgeklügelten Bestrahlungsplan. Die Software des Cyberknife-Systems nutzt dafür die Daten aus dem Planungs-CT und errechnet die optimale Strahlenverteilung. Die CT-Bilder lassen sich zudem mit Aufnahmen einer Magnetresonanztomografie (MRT= Kernspintomografie) oder Positronenemissionstomografie (PET) kombinieren. Medizinische Fachleute markieren auf den Bildern den Tumor sowie die angrenzenden Strukturen, die es zu schonen gilt.

- Vor der Bestrahlung mit Cyberknife

Vor der Strahlenbehandlung helfen Ihnen vielleicht einige Tipps:

  • Tragen Sie normale, bequeme Kleider, die Sie nicht einengen. Sie sollten sich möglichst frei darin fühlen und gut bewegen können.
  • Sie können vorher normal essen und trinken, müssen also nicht nüchtern erscheinen.
  • Nehmen Sie auch eventuelle Medikamente wie gewohnt ein.
  • Vielleicht lassen Sie sich von einem Freund oder Angehörigen zur Behandlung begleiten – er kann Sie vor und nach der Bestrahlung unterstützen.

- Ablauf der Bestrahlung

Der Ablauf der Cyberknife-Bestrahlung selbst lässt sich ungefähr so beschreiben:

  • Der Arzt oder die Ärztin positioniert Sie auf der Behandlungsliege – Sie sollten bequem, ruhig und entspannt liegen. Sie können auch Musik hören, wenn Sie mögen.
  • Während der Behandlung sind Sie alleine im Raum. Sie sind jedoch per Video und Sprechanlage mit dem Behandlungsteam nebenan verbunden.
  • Das Cyberknife wird durch einen Roboter geführt. Der Arm mit dem Photonenstrahler bewegt sich Schritt für Schritt zu den jeweiligen Positionen, die zuvor errechnet wurden. Dann wird der Tumor jeweils wenige Sekunden lang bestrahlt. 
  • Bevor das Gerät die Strahlen abgibt, nimmt es neue Bilder auf und gleicht sie mit den Daten aus dem Planungs-CT ab. So lassen sich Abweichungen erkennen und die Richtung der Strahlen korrigieren. 
  • Auch das gesamte Behandlungsteam überwacht jeden Schritt und kann jederzeit eingreifen.
  • Zudem besitzt der Roboter verschiedene Sicherungssysteme und stoppt bei Abweichungen automatisch. Die Behandlung lässt sich unterbrechen und wieder fortsetzen.
  • Meist sind eine bis maximal fünf Sitzungen nötig – je nach Art und Größe des Tumors. Eine Behandlungssitzung dauert ungefähr 30 bis 90 Minuten.
  • Nach der Cyberknife-Bestrahlung können Sie ganz normal in Ihren Alltag zurückkehren

 Etwa drei Monate nach der Behandlung sollten Sie die Nachsorge wahrnehmen. Der Arzt oder die Ärztin fragt sie zu Ihrem Gesundheitszustand, Nebenwirkungen, Komplikationen und Ihrem Wohlbefinden.

Strahlentherapie

Lesen Sie, wie die Bestrahlung von außen und von von innen  funktioniert. Außerdem: Warum die Strahlentherapie nach einer OP oft warten kann.

Prostata Hilfe Deutschland: Illustrationsbild - Computertomografie
okrasyuk/Fotolia.com

Vorteile von Cyberknife

Die stereotaktische Bestrahlung besitzt einige Vorteile. Manche treffen allerdings auch auf die konventionelle Strahlentherapie zu. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Kürzere Behandlungszeit von höchstens fünf Tagen. Die konventionelle Bestrahlung von außen über die Haut dauert dagegen mehrere Wochen. Beide Bestrahlungsverfahren sind jedoch etwa gleich effektiv.
  • Die Behandlung ist schmerzfrei und funktioniert nicht-invasiv (ohne Op mit Schnitten)
  • Angrenzendes gesundes Gewebe wird geschont.
  • Sie können die Therapie ambulant durchführen – anschließend gehen Sie wieder nach Hause. Das gilt allerdings auch für die Strahlentherapie von außen.
  • Keine oder nur wenige Nebenwirkungen
  • Rasche Rückkehr in den Alltag

Cyberknife – Nachteile und Nebenwirkungen

Cyberknife gibt die Strahlen sehr zielgenau in den Tumor ab und sorgt dafür, dass umliegendes Gewebe keinen großen Schaden nimmt. Ein Nachteil ist, dass dies nur bei relativ kleinen Tumoren funktioniert. Daher eignet sich die stereotaktische Bestrahlung nicht für jeden Mann mit Prostatakrebs. 

Die Cyberknife-Behandlung kann – wie jede Therapie – mit Nebenwirkungen verbunden sein. Sie hängen von der Größe und Lage des Tumors sowie der eingesetzten Strahlendosis ab.

Möglich sind zum Beispiel:

  • Müdigkeit, Abgeschlagenheit
  • leichte Kopfschmerzen
  • Übelkeit

In der Regel klingen diese Beschwerden von selbst innerhalb weniger Tage ab und Patienten erholen sich wieder vollständig.

Cyberknife-Kosten: bezahlt die Krankenkasse ?

Einige Kliniken, die eine Cyberknife-Behandlung anbieten, haben spezielle Verträge mit den gesetzlichen Krankenkassen zur Übernahme der Kosten geschlossen. Ist dies nicht der Fall, können Sie bei Ihrer Krankenkasse eine Einzelfallentscheidung beantragen. Wichtig ist immer vor der Behandlung: Fragen Sie bei Ihrer Krankenkasse nach und sprechen Sie mit den behandelnden Ärzten und Ärztinnen über die Kosten. So sind Sie auf der sicheren Seite und bleiben anschließend nicht auf hohen Geldbeträgen sitzen.

Die privaten Krankenversicherungen bezahlen die Cyberknife-Behandlung meist. Aber auch hier gilt der Ratschlag: Fragen Sie zuvor nach, damit Sie keine böse Überraschung erleben. Kliniken in vielen Großstädten wie München, Hamburg oder Berlin bieten die Cyberknife-Behandlung an. 

Achtung: Die S3-Leitlinie zu Prostatakrebs empfiehlt die hypofraktionierte Bestrahlung derzeit nur im Rahmen kontrollierter, klinischer Studien. Auch wenn sich die Methode in den Studien nicht bislang nicht als unterlegen im Vergleich zur konventionellen Bestrahlung gezeigt hat – Experten zufolge sind die bisherigen Studien noch nicht aussagekräftig genug – es müssen weitere folgen.

 

Quellen: