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Prostatakrebs: Viele Männer wissen nicht genug

16. Mai 2019 | von Ingrid Müller

Um das Wissen über Prostatakrebs ist es bei vielen Männern nicht zum Besten bestellt. Viele tappen im Dunkeln, besonders wenn es um die Therapieentscheidung geht, ergab eine neue Studie.

Die Diagnose Prostatakrebs trifft jährlich rund 60.000 Männer in Deutschland neu. Ärzte, Krebsberatungsstellen oder Portale im Internet bieten fundierte Informationen über diese häufigste Krebsart bei Männern. Doch viele männliche Geschöpfe haben offenbar große Schwierigkeiten damit, ihre Diagnose und die vorgeschlagenen Behandlungen zu verstehen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Forschern der University of British Columbia (UBC), Canada. 

„Wir haben eine lange Historie, die besagt, dass Männer in Sachen gesundheitlicher Bildung nicht ganz auf der Höhe sind“, sagt John Oliffe, Wissenschaftler in einem Forschungsprogramm zur Männergesundheit an der UBC. „Dazu gehört, dass sie wissen, wie sie verschriebene Medikamente einnehmen und in welcher Dosierung. Aber auch, in welchem Stadium sich ihre Erkrankung befindet oder wie sie vorhandene Kenntnisse richtig einsetzen“, so Oliffe weiter.

Oft tappten Männer vollkommen im Dunkeln, wenn es um ihre Krankheit Prostatakrebs gehe. Und beinahe noch wichtiger: Sie waren weitgehend ahnungslos, welchen Weg sie nach der Diagnose einschlagen sollten, fassen die Professoren Oliffe und Joan Bottorff die Ergebnisse ihrer Untersuchung zusammen. Wenn es um Prostatakrebs gehe, seien viele Männer überfordert, stellt Cherisse Seaton, die Koordinatorin und Hauptautorin der Studie fest.

Was ist die Prostata?

Viele Männer wissen nicht, welche Aufgaben sie hat und wofür sie gut ist. 

Prostata Hilfe Deutschland: Viele Männer wissen nichts über die Prostata
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Prostatakrebs: Höhere Bildung – besseres Wissen über Gesundheit

Aus früheren Studien ist bekannt, dass ein geringes Gesundheitswissen und ‑verständnis Risikofaktoren für eine schlechte Gesundheit und die Entscheidungsfindung sind. Als gesundheitliche Bildung definierten die Forscher die Fähigkeit, sich Zugang zu Gesundheitsinformationen zu verschaffen, diese zu verstehen und anschließend anzuwenden. Nur so können Männer später informierte Entscheidungen treffen und ihre Gesundheit selbst im Griff behalten. 

An der Untersuchung nahmen 213 Männer teil, bei denen Ärzte Prostatakrebs festgestellt hatten. Im Schnitt waren sie 68 Jahre alt. Alle Männer füllten einen Online-Fragebogen aus, in dem sie unter anderem Auskunft zu Familienstand, Schul- und Berufsbildung, Begleiterkrankungen sowie Behandlungen ihres Prostatakrebses gaben.

Das Ergebnis: Je höhere der Bildungsstand der Männer war, desto mehr wussten sie auch über medizinische Dinge Bescheid. Zudem hatten Männer ohne Begleiterkrankungen ein besseres Gesundheitsverständnis. Keinen Einfluss auf das Wissen hatten dagegen das Alter oder Zeit, die nach der Krebsdiagnose vergangen war. 

Seaton sagt: „Männer müssen nach der Diagnose Prostatakrebs einige schwerwiegende Entscheidungen treffen. Nicht jeder Prostatakrebs wächst aggressiv und es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. Sie sollten sich aber auf einen Behandlungsweg festlegen. Dafür müssen sie jedoch gut informiert sein und alle Behandlungsmöglichkeiten tatsächlich verstanden haben. Oft gibt es jedoch eine solche Flut an Informationen, dass vielen die Auswahl schwer fällt.“

 

Mehr Wissen über Prostatakrebs führt zu informierten Entscheidungen

Eine Möglichkeit der Behandlung bei Prostatakrebs ist die aktive Überwachung (engl. active surveillance). Dabei verzichten Männern zunächst auf eine Operation und andere Therapien, sondern Ärzte kontrollieren den Prostatakrebs in regelmäßigen Abständen. Wächst er, beginnen sie mit der Therapie. Der Prostatakrebs lässt sich dann immer noch heilen.

Dennoch entschieden sich in der Studie mehr als 91 Prozent der Männer gegen die active surveillance und für eine aktive Behandlungsstrategie. „Manche Männer wollen den Prostatakrebs einfach nur schnell loswerden – unabhängig davon, was der Arzt ihnen sagt“, erklärt Bottorff. Sie stürzten sich einfach auf die Operation oder wählten eine aggressivere Behandlung als sie eigentlich bräuchten. „Sehr oft tun sie dies aus Angst oder Unwissenheit“.

Die Therapien bei Prostatakrebs haben jedoch nicht unerheblichen Nebenwirkungen, zum Beispiel eine Erektile Dysfunktion oder Inkontinenz. „Wir glauben: Je mehr medizinische Kenntnisse ein Mann hat, desto besser kann er informierte Entscheidungen treffen, die er anschließend nicht bereut“, so Bottorff weiter. Studien zeigen, dass Männer ihr Gesundheitsverständnis oft als sehr hoch einschätzen. Gleichzeitig haben viele das Gefühl, nicht ausreichend informiert zu sein, um ihre Gesundheit zu managen.

Augen auf bei YouTube-Videos!

Viele Videos zu Prostatakrebs auf YouTube enthalten falsche oder nicht ausgewogene Informationen. 

Prostata Hilfe Deutschland: Illustrationsbild - Hand mit Smartphone
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Wissen sammeln: fiktiven Patienten im Internet begleiten

Die Forscher haben daher für Männer mit Prostatakrebs eine interaktive Website ins Netz gestellt. Der Titel: „Wenn ich Tom wäre …“ Sie richtet sich an Männer, die erst kürzlich die Diagnose Prostatakrebs erhalten haben. Männer können über Videos einen fiktiven Patienten namens Tom durch Tests, die Diagnose und die Entscheidung für eine Behandlung begleiten. Die Nutzer können gemeinsam mit Tom Entscheidungen treffen und mehr über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten erfahren. Sie können zudem mit anderen Prostatakrebspatienten, Familienmitgliedern oder Personen, die in Gesundheitsberufen tätig sind, Nachrichten austauschen.

„Unsere Studie hat gezeigt, dass Männer selbst dann noch mehr Informationen brauchten, wenn sie mit ihren Ärzten viel Kontakt hatten. Wir müssen also andere Wege finden, wie wir die Männer mit jenen Informationen zusammenbringen, die sie suchen.“ Webseiten im Internet seien leicht zugänglich – und damit eine von vielen Möglichkeiten.

 

Quellen: