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Kryokonservierung – Vater werden trotz Prostatakrebs
20. Juni 2023 | von Ingrid MüllerAktualisiert und medizinisch geprüft am 20.6.2023 Ingrid Müller, Chefredakteurin und Medizinjournalistin |
Prostatkrebs betrifft auch jüngere Männer, die sich vielleicht noch (mehr) Kinder wünschen. Doch manche Krebsbehandlungen schädigen die Samenzellen. Die Kryokonservierung – das Einfrieren der Samenzellen – ermöglicht es Männern, später doch noch Väter zu werden.
Kurzüberblick
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Manche Männer mit Prostatakrebs müssen sich einer Krebsbehandlung unterziehen, welche die Fruchtbarkeit einschränkt oder ganz versiegen lässt. Dazu gehören zum Beispiel die Chemotherapie oder Bestrahlung. Nicht nur die Krebszellen, sondern auch die Spermien können dadurch Schaden nehmen. Auch eine Hormontherapie kann die Fruchtbarkeit eines Mannes deutlich einschränken.
Was ist Kryokonservierung?
Die Kryokonservierung bietet Männern die Möglichkeit, auch nach einer Krebstherapie noch Kinder zu zeugen und eine Familie zu gründen. Dabei gewinnen Ärztinnen und Ärzte vor der jeweiligen Krebsbehandlung intakte Spermien aus dem Ejakulat oder Hodengewebe und frieren sie anschließend ein.
Bei der Kryokonservierung kommt flüssiger Stickstoff mit einer Temperatur von ‑196°C zum Einsatz. Bei einem späteren Kinderwunsch tauen Laborärzte und -ärztinnen das Sperma wieder auf und führen eine künstliche Befruchtung durch. So kann die Partnerin schwanger werden – und der betroffene Mann Vater.
Schon gewusst? Fakten zur Kryokonservierung
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Kryokonservierung – für wen?
Prostatakrebs tritt meist in höherem Lebensalter auf – die Mehrzahl der Männer ist 70 Jahre und älter, wenn sie die Diagnose „Prostatakrebs“ bekommen. Für die meisten ist die Familienplanung dann abgeschlossen. Dennoch gibt es auch jüngere Männer, die am Prostatakarzinom erkranken. Und diese wünschen sich vielleicht eine Familie und (noch weitere) Kinder. Fachleute haben ausgerechnet, dass rund ein Prozent der Prostatakrebspatienten jünger als 50 Jahre ist. Meist spielen hier die Gene und Schäden am Erbgut (DNA) eine besondere Rolle.
Für diese Männer ist die Kryokonservierung eine Möglichkeit bei eventuellem Kinderwunsch. Es gibt nur ein kleines Zeitfenster für das Einfrieren des Spermas, bevor die Krebstherapie beginnt. Sprechen Sie daher zeitnah mit Ihrem Behandlungsteam über die Möglichkeit der Kryokonservierung. Infomieren Sie sich ausreichend und lassen Sie sich gut beraten. Manche Männer haben zwar zum Zeitpunkt der Krebsdiagnose keinen Kinderwunsch, aber das kann sich später wieder ändern.
Kryokonservierung: Ablauf
Meist erhalten Männer mit Prostatakrebs, die sich einer Krebsbehandlung unterziehen müssen, schnell einen Termin für die Kryokonservierung. Der Ablauf lässt sich etwa so beschreiben:
- Das Ejakulat können Sie entweder in der Arztpraxis gewinnen oder Sie bringen es von zuhause mit. Dann benötigen Sie allerdings einen speziellen Probenbecher dafür.
- Ärzte nehmen Blut ab und analysieren es auf bestimmte Infektionskrankheiten wie Hepatitis C, Hepatitis D und HIV/Aids. Die Tests müssen aktuell (maximal drei Monate alt) sein.
- Laborärztinnen erstellen zunächst ein Spermiogramm. Dieses lässt Rückschlüsse über die Anzahl, Form und Beweglichkeit der Spermien zu.
- Dann vermengen sie das Sperma mit einem Stoff, der als Gefrierschutz dient. Anschließend wird es in einem Behälter mit flüssigem Stickstoff bei ‑196°C eingefroren.
- Die Kryokonservierung und Lagerung geschieht in Speziallabors, die bestimmte Bedingungen und Standards erfüllen müsse. Es gibt zudem strenge Sicherheitsvorkehrungen, sodass ein Vertauschen des Spermas praktisch ausgeschlossen ist.
Kryokonservierung – auch von Hodengewebe
Lassen sich keine Samenzellen im Ejakulat finden (Azoospermie), ist die Entnahme von Spermien aus dem Hodengewebe eine Möglichkeit. Ärzte und Ärztinnen frieren dann das Hodengewebe statt der Spermien ein. Männer müssen sich dafür einem kleinen, ambulanten chirurgischen Eingriff unterziehen, der minimal-invasiv geschieht („Schlüsselloch-Chirurgie).
Es gibt zwei Möglichkeiten:
- Ärzte und Ärztinnen gewinnen die Spermien aus dem Hoden. Testikuläre Spermatozoenextraktion, abgekürzt TESE, ist der Fachbegriff dafür.
- Die Entnahme der Spermien aus dem Nebenhoden heißt MESA (Mikrochirurgische Epididymale Spermatozoenaspiration).
Weil sich im entnommenen Hodengewebe deutlich weniger Spermien befinden, ist später nach dem Auftauen eine besondere Form der künstlichen Befruchtung nötig, die Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI).
Kryokonservierung: Wie lange ist das Sperma haltbar?
Das tiefgekühlte Sperma ist nahezu unbegrenzt haltbar. Es lässt sich noch Jahre oder sogar Jahrzehnte später für eine künstliche Befruchtung verwenden. Untersuchungen haben nachgewiesen, dass die Qualität der Spermien auch noch nach bis zu 30 Jahren vorhanden ist.
Manche Menschen befürchten, dass sich das Erbgut (die DNA) der Spermien aufgrund der niedrigen Temperaturen verändert. Forscher haben jedoch herausgefunden, dass die Kryokonservierung das Risiko für eine Fehlbildung des Embryos bei einer späteren Schwangerschaft nicht erhöht. Die Risiken sind ungefähr mit jenen bei einer natürlichen Zeugung vergleichbar.
Kryokonservierung: Wer trägt die Kosten?
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für die Kryokonservierung von Spermien (bei Frauen Eizellen und jetzt auch Eierstockgewebe) – unter bestimmten Voraussetzungen. So sollen sich Männer nach einer Behandlung, welche die Samenzellen schädigt, doch noch einen möglichen Kinderwunsch erfüllen und selbst Väter werden können. Grundsätzlich kommt die Kryokonservierung in folgenden Fällen in Frage:
- operative Entfernung der Keimdrüsen
- Strahlentherapie, bei der eine Schädigung der Keimdrüsen zu erwarten ist
- Anwendung potentiell fruchtbarkeitsschädigender Medikamente, etwa eine Chemotherapie
Die Entscheidung, ob eine Behandlung potenziell keimzellschädigend ist und Betroffene somit einen Anspruch auf die Kryokonservierung haben, liegt bei einem Facharzt oder einer Fachärztin.
Kryokonservierung – bis zu welchem Alter?
Die Grundlage für die Übernahme der Kosten der Kryokonservierung ist das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG). Der Gemeinsame Bundesausschuss (G‑BA) hat den Anspruch auf die Kryokonservierung von Keimzellen und Keimzellgewebe für eine spätere Fruchtbarkeitsbehandlung genauer in einer Richtlinie beschrieben. Einen Anspruch auf die Kryokonservierung haben:
- Männer bis 50 Jahre (Frauen bis 40 Jahre)
- Kinder und Jugendliche (es gibt keine untere Altersgrenze)
Damit Betroffene die Kryokonservierung möglichst zügig in Anspruch nehmen können, hat der G‑BA ein zweistufiges Verfahren festgelegt:
- Schritt 1: Dieser umfasst Regelungen zur Kryokonservierung von Ei- und Samenzellen, einschließlich der testikulären Spermienextraktion (TESE) – diese Verfahren gelten als etabliert und standardisiert.
- Schritt 2: Experten und Expertinnen beraten die Kryokonservierung von Keimzellengewebe – hier sei die Erkenntnislage noch nicht sicher, so der G‑BA.
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Was kostet eine Kryokonservierung?
Die Kosten der Kryokonservierung setzen sich so zusammen, können jedoch zwischen den Institutionen und Laboren variieren:
- Beratung: Die G‑BA-Richtlinie sieht vor, dass sich Betroffene umfassend beraten lassen sollen. Für Männer ist ein Facharzt mit der Zusatzweiterbildung Andrologie der richtige Ansprechpartner. Er muss alle Maßnahmen anbieten, die in der Richtlinie genannt sind.
- Behandlung - Entnahme der Spermien
- Laborkosten der Kryokonservierung einschließlich der dafür erforderlichen Technologie
- Langfrisige Lagerung des Keimzellen-Depots
- Die Kosten für die Kryokonservierung und Lagerung für ein Jahr belaufen sich ungefähr auf 500 Euro. Für die Lagerung für jedes weitere Jahr fallen rund 300 Euro an.
Kryokonservierung: Adressen und Hilfe
Fertiprotekt ist eine Plattform, bei der Onkologen und Reproduktionsmediziner eng zusammenarbeiten. Sie sammeln und analysieren zudem kontinuierlich Behandlungsdaten. Ziel ist es, Menschen mit verschiedenen Krebsarten individuell und maßgeschneidert zu fruchtbarkeitserhaltenden Maßnahmen zu beraten und Behandlungen auf dem neuesten Stand der Medizin durchzuführen.
Zum Netzwerk gehören verschiedene Einrichtungen wie Universitätskliniken, Krankenhäuser und private Kinderwunschzentren, die entsprechende Standards erfüllen. Adressen in Ihrem Wohnumfeld finden Sie auf www.fertiprotekt.com. Auch wenn Sie zum Zeitpunkt der Krebsdiagnose noch Beratungsbedarf haben, finden Sie auf der Website die richtigen Ansprechpartner.
Quellen:
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