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Fusionsbiopsie kann unnötige Biopsien vermeiden, aber …
18. Juni 2020 | von Ingrid MüllerBei einer Fusionsbiopsie nehmen Radiologen vor der eigentlichen Gewebeentnahme Bilder der Prostata mittels Magnetresonanztomografie auf. Doch was bringt die Methode Männern bei einem Prostatakrebsverdacht? Es gibt neue Antworten.
Die Fusionsbiopsie ist eine Methode, mit denen Ärzte Prostatakrebs früher aufspüren – und damit letztlich die Überlebenschancen von Männern verbessern wollen. Radiologen nehmen zunächst detaillierte Bilder der Prostata mittels multiparametrischer Magnetresonanztomografie (mpMRT) auf. Ziel ist es, krebsverdächtige Areale in der Vorsteherdrüse genauer zu identifizieren. Dann folgt die eigentliche Prostatabiopsie mit Hilfe des transrektalen Ultraschalls.
Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat jetzt analysiert, wie gut die Fusionsbiopsie tatsächlich ist. Einerseits könne sie womöglich helfen, unnötige Biopsien zu vermeiden. Zugleich gebe es jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Fusionsbiopsie mehr nutzt oder schadet als eine alleinige Ultraschallbiopsie, schreibt das IQWiG in einem vorläufigen HTA-Bericht.
Das Kürzel HTA steht für Health Technology Assessment. Solche Berichte gehen auf Vorschläge von Versicherten und anderen Interessierten zurück, die sie unter ThemenCheck Medizin einbringen können. Die (sehr gute) Idee dahinter ist eine größere Bürgerbeteiligung in der Medizin.
Fusionsbiopsie – das steckt dahinter Alles über die Fusionsbiopsie und die Vor- und Nachteile. Außerdem: Warum zwei kombinierte Biopsie-Methoden in einer Studie besser waren. |
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Fusionsbiopsie – drei Studien analysiert
Der Auslöser für die Analyse des IQWIG war eine solche Anfrage eines Bürgers. Er wollte wissen, ob die Fusionsbiopsie beim Verdacht auf Prostatakrebs die transrektale Ultraschallbiopsie als Erstbiopsie ersetzen kann. Hinter dieser Frage steckt die Hoffnung, dass sich unnötige Biopsien zukünftig vermeiden lassen und Ärzte Prostatakrebs früher diagnostizieren können.
Somit liessen sich theoretisch gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: mögliche Nebenwirkungen, Folgen und Komplikationen durch nicht notwendige Biopsien vermeiden und das Sterberisiko bei Prostatakrebs senken. Das Essener Forschungsinstitut für Medizinmanagement und weitere Experten werteten drei qualitative hochwertige Studien dazu aus. Sie wollten herausfinden, ob Männer bei einem Verdacht auf Prostatakrebs von der Fusionsbiopsie profitieren könnten.
Fusionsbiopsie und Ultraschallbiopsie – so funktionieren sie
Normalerweise führen Ärzte die Prostatabiopsie über den Darm (transrektal) oder Damm (transperineal) per Ultraschallkontrolle durch. Sie führen die Ultraschallsonde über den Enddarm ein und schieben sie in Richtung Prostata vor. Dann lösen sie feine Biopsienadeln aus, um Gewebeproben zu gewinnen. Der Standard sind zehn bis zwölf ungezielt entnommene Proben.
Bei der Fusionsbiopsie geht der Ultraschallbiopsie dagegen eine bildgebende Darstellung der Prostata mittels mpMRT voraus. Radiologen analysieren und bewerten diese Bilder zunächst. Besteht ein begründeter Verdacht auf Prostatakrebs, folgt die „normale“ Ultraschallbiopsie. Die Besonderheit der Fusionsbiopsie ist, dass Ärzte während der Gewebeentnahme die MRT-Bilder und die Echtzeit-Ultraschallbilder übereinanderlegen (fusionieren). Daher rührt auch der Name. So können Ärzte die verdächtigen Areale gezielter ansteuern und Gewebe entnehmen.
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Fusionsbiopsie – weniger unnötige Biopsien
Die Ergebnisse der Studienanalyse waren:
- Keine statistisch bedeutsamen Unterschiede ließen sich bei diesen Punkten finden: Sterblichkeit, schwerwiegende unerwünschte Ereignisse, gesundheitsbezogene Lebensqualität, Anzahl der Behandlungen und erneute Biopsien (Rebiopsien).
- Wohl aber ließ sich ein positiver Effekt bei einem Punkt feststellen – nämlich den „vermeidbaren Biopsien“. In einer Studie wurde bei 28 Prozent der Männer aufgrund der vorherigen mpMRT keine Biopsie durchgeführt. Dies ist für Männer mit Sicherheit ein klarer Vorteil – aber nur, wenn Ärzte wegen der vermiedenen Biopsie auch keinen behandlungsbedürftigen Prostatakrebs übersehen. „Falsch-negativer Befund“ sagen Ärzte dazu.
Bisher, so meinen die Wissenschaftler aus Essen, liesse sich das Risiko für solche falsch-negativen Befunde noch nicht abschließend beurteilen. Es seien noch weitere Studien dazu notwendig, welche die Männer über einen längeren Zeitraum weiter beobachten. Dies ist auch der Grund, warum die Experten derzeit der Fusionsbiopsie – trotz des vorliegenden positiven Effekts der vermeidbaren Biopsien – noch einen klaren Nutzen absprechen.
Insgesamt lautet daher ihr Fazit: Es gibt keinen Anhaltspunkt für einen (höheren) Nutzen oder (höheren) Schaden der Fusionsbiopsie im Vergleich zur transrektalen Ultraschallbiopsie. Keines der Verfahren weist eindeutige Vorteile auf. Auch was ethische, rechtliche, soziale und organisatorische Aspekte angehe, gebe es keine sind deutlichen Argumente zugunsten einer der Technologien.
Prostatakrebs – häufige Krebsart, die manche das Leben kostet
Prostatakrebs ist in Deutschland die häufigste Krebsneuerkrankung bei Männern. Diese Krebsart macht rund ein Viertel aller Neudiagnosen aus. Schätzungen zufolge erkrankten im Jahr 2018 rund 61.000 Männer neu an Prostatakrebs. Ewa 75 Prozent der Prostatakarzinome finden Ärzte in einem frühen Stadium.
Dennoch ist Prostatakrebs für viele Sterbefälle aufgrund einer Krebserkrankung verantwortlich. Im Jahr 2014 machte Prostatakrebs 11,3 Prozent aller Sterbefälle aus. Damit ist diese Krebsart – nach dem Lungenkrebs – die zweithäufigste Todesursache aufgrund einer Krebserkrankung bei Männern.