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Krebsüberlebende: Gute Lebensqualität auch viele Jahre später
08. Juli 2021 | von Ingrid MüllerWie geht es ehemaligen Krebspatienten und -patientinnen Jahre oder Jahrzehnte nach ihrer Krebsdiagnose? Ein Vergleich mit Menschen gleichen Alters, die nie Krebs hatten, liefert jetzt spannende Einblicke.
Die Überlebenschancen sind heute bei vielen Krebsarten gut. Dank früherer Diagnose, verbesserten Krebstherapien und einer steigenden Lebenserwartung in den Industrieländern leben heute viele Krebskranke noch Jahre oder sogar Jahrzehnte nach der Krebsdiagnose. Viele Ärztinnen stufen eine Krebserkrankung daher inzwischen eher als chronische Krankheit ein, die noch viele Lebensjahre mit sich bringen kann. Auch Männer mit Prostatakrebs haben heute gute Überlebenschancen, weil Ärzte etwa zwei Drittel der bösartigen Tumore in der Prostata im Frühstadium entdecken.
So beträgt die Fünfjahresüberlebensrate von Männern mit Prostatakrebs rund 89 Prozent. Und zehn Jahre nach der Krebsdiagnose sind noch etwa 88 Prozent der Männer am Leben. Wer fünf Jahre nach seiner Krebsdiagnose noch im Diesseits ist, zählt per Definition zu den Langzeitüberlebenden. Krebsüberlebende oder englisch “Cancer Survivors” heißen Menschen mit oder nach einer Krebsdiagnose – unabhängig davon, ob die Krebserkrankung noch aktiv ist oder nicht.
Mit und ohne Krebs – wie steht es um die Lebensqualität?
Die gewonnene Lebenszeit ist für die meisten ehemaligen Krebskranken sehr wichtig, aber nicht nur und auch nicht um jeden Preis. Eine mindestens ebenso große Rolle spielt die Lebensqualität nach der Krebsdiagnose und den oft intensiven Krebstherapien. Denn für die Betroffenen ist der Krebs oftmals nicht vorbei – wie viele Außendstehende meinen, sondern beeinträchtigt ihren Alltag und die Lebensfreude weiter.
Forschende vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg wollten es jetzt ein bisschen genauer wissen: Wie geht es Menschen viele Jahre nach einer Krebsdiagnose im Vergleich zu ihren Altersgenossen, die nie Krebs hatten? Dafür sollten die Langzeitüberlebenden ihre gesundheitsbedingte Lebensqualität Jahre nach der Krebsdiagnose bewerten. Das erstaunliche Ergebnis: Die ehemaligen Krebspatienten schätzen ihre Wohlbefinden sogar etwas besser ein als Personen, die nie in ihrem Leben an Krebs erkrankt waren. Und das, obwohl sie gleichzeitig von mehr gesundheitlichen Beeinträchtigungen berichteten. Die Ergebnisse ihrer Studie veröffentlichten die Forscherinnen in der Juniausgabe des Fachblatts Cancers.
Befragung Jahrzehnte nach der Krebsdiagnose
In ihrer Studie befragte das Wissenschaftsteam um Volker Arndt 2.700 Menschen, die an Krebs erkrankt waren und zu den Langzeitüberlebenden zählten. Die Probanden und Probandinnen stammten aus Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Schleswig–Holstein. Alle waren im Alter zwischen 20 und 75 Jahren an Prostatakrebs, Brustkrebs oder Darmkrebs erkrankt. Ihre Krebsdiagnose lag 14 bis 24 Jahre zurück. Die Kontrollgruppe bestand dagegen aus 1.700 Menschen, die niemals unter Krebs gelitten hatten. Durch den Vergleich beider Gruppen ließen sich die Beeinträchtigungen aufgrund der Krebserkrankungen von reinen Alterserscheinungen abgrenzen.
Prostatakrebs und Lebensqualität |
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Wohlbefinden nach Krebs – oft besser als gedacht
Bei der Umfrage kam ein spezieller Fragebogen für Krebspatienten und -patientinnen zum Einsatz, das European Organization for Research and Treatment of Cancer Quality of Life Questionnaire Core 30 (EORTC QLQ-C30). Er umfasst 30 Fragen zu verschiedenen Kategorien, etwa zu den Symptomen wie Schmerzen oder Kurzatmigkeit, aber auch zum körperlichen, kognitiven und emotionalen Gesundheitszustand. Ein weiterer Teil des Fragebogens sind das Soziallleben und finanzielle Schwierigkeiten. Die Gesamtpunktzahl, die ein Befragter erreicht, lässt Rückschlüsse auf seine Lebensqualität zu.
Die Studienergebnisse im Überblick:
- Mehr als ein Jahrzehnt nach ihrer Krebsdiagnose bewerteten die Langzeitüberlebenden ihre gesundheitsbezogene Lebensqualität beziehungsweise ihren allgemeinen Gesundheitsstatus sogar etwas besser als Menschen aus der Kontrollgruppe.
- Besonders die Männer, Personen über 70 Jahre und Menschen ohne aktive Krebserkrankung schätzten ihre persönliche Gesundheit positiver ein.
- Langzeitüberlebende berichteten jedoch von stärkeren Einschränkungen bei den sozialen Kontakten aufgrund ihrer verminderten Leistungsfähigkeit. Dies betraf vor allem Menschen, bei denen die Krebserkrankung gerade aktiv war. Dies sei wahrscheinlich auf die psychischen Belastungen durch den Krebsrückfall und die notwendigen Krebsbehandlungen zurückzuführen, vermuten die Forscherinnen und Forscher.
- Die ehemaligen Krebskranken stellten auch einige körperliche Beeinträchtigungen bei sich fest. Im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne Krebs litten sie häufiger unter Durchfällen und Verstopfung. Dies galt unabhängig davon, an welcher Krebsart die Probanden und Probandinnen erkrankt waren.
- Unterschiede bei den Langzeitüberlebenden konnten die Forschenden auch zwischen den Geschlechtern ausmachen. So litten krebskranke Frauen öfters unter Fatigue, Schlaflosigkeit, Kurzatmigkeit oder Appetitverlust als Frauen ohne Krebs. Männer, die ihre Krebserkrankung jahrelang überlebt hatte, klagten dagegen oft über finanzielle Probleme – vor allem, wenn ihre Erkrankung noch aktiv und sie selbst im erwerbsfähigen Alter waren. Dass eine Krebserkrankung oft große finanzielle Einbußen bedeutet und regelrecht arm machen kann, hatten schon frühere Studien nachgewiesen.
„Mehrzahl bewältigt ihre Krebserkrankung gut“
Der Studienleiter Volker Arndt sagt: „Die Einschätzung der allgemeinen Lebensqualität ist subjektiv und steht nicht unbedingt im direkten Verhältnis zu den vorliegenden Symptomen.“ Es sei insgesamt erfreulich, dass die überwiegende Mehrheit der Langzeitüberlebenden ihre Krebserkrankung so gut bewältigt habe. Zwischen diesen und den Kontrollpersonen ließen sich nur geringfügige Unterschiede ausmachen. „Und diese betreffen nur Menschen in bestimmten Altersgruppen“, so der Epidemiologe Arndt weiter.
Für die Zukunft empfiehlt er, gezielte Nachsorgeprogramme für ehemalige Krebskranke anzubieten, die besondere Risiken mitbringen. Diese müssten jedoch über den heute gängigen Zeitraum der Krebsnachsorge von fünf Jahren hinausgehen.
Quellen:
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