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Prostatavergrößerung: Operation mit Wasserstrahl

20. März 2024 | von Ingrid Müller
Aktualisiert und medizinisch geprüft am 20.3.2024
von Ingrid Müller, Chefredakteurin und Medizinjournalistin

Eine vergrößerte Prostata lässt sich mittels Wasserstrahl verkleinern. Die Aquablation soll schneller, sanfter und sicherer sein. Lesen Sie die  wichtigsten Fakten über den Ablauf, die Dauer, Wirksamkeit und die Nebenwirkungen der Wasserstrahl-Op.

Kurzüberblick

  • Was ist eine Wasserstrahl-OP? Überschüssiges Prostatagewebe wird mit einem Wasserstrahl abgetragen, die Aquablation verkleinert die Prostata
  • Ablauf und Dauer: Unter Vollnarkose oder Rückenmarksnarkose im Krankenhaus, mit Roboter als Unterstützung, Abtragen des Gewebes dauert wenige Minuten, gesamter Eingriff etwa eine halbe Stunde.
  • Vorteile: keine Hitze oder Strom, gilt als schonend, rasche Genesung, soll die Ejakulations- und Erektionsfähigkeit schützen
  • Nachteile und Nebenwirkungen: beispielsweise Schmerzen, Probleme beim Wasserlassen, Beschwerden in der Beckenregion, Blut im Urin, meist nur vorübergehender Natur
  • Wirksamkeit: Ist der TURP laut Studien nicht unterlegen, bessert Beschwerden beim Wasserlassen, auch drei Jahre nach der Wasserstrahl-Op stabile Effekte, nur wenige brauchen eine erneute OP
  • Für welchen Mann? Bei Prostatavolumen von 30 bis 80 cm³ genauso wirksam wie TURP, soll als Alternative in erfahrenen Zentren angeboten werden; nicht geeignet bei der Einnahme von einigen Blutverdünnern und Prostatakrebs
  • Prostata-OP – ja oder nein? Immer alle Behandlungsmöglichkeiten mit Arzt oder Ärztin abwägen, dann gemeinsam über passende Therapie entscheiden

Was ist eine Wasserstrahl-OP der Prostata?

Bei einer gutartigen Prostatavergrößerung (benigne Prostatahyperplasie, BPH)  gibt eine Reihe von Behandlungen, mit denen sich die Probleme beim Wasserlassen lindern lassen. Die Therapien reichen von pflanzlichen Arzneimitteln über Medikamente bis hin zur Operation (beispielsweise TURP, Laser). Ziel der Prostata-OP ist es, das überschüssige Gewebe abzutragen und die Prostata zu verkleinern. 

Eine noch vergleichsweise neue Therapie bei einer vergrößerten Prostata ist die Operation mittels Wasserstrahl. Dabei kommen auch ein Ultraschallgerät sowie ein Roboter zum Einsatz. Dieser unterstützt Ärztinnen und Ärzte bei der OP. In der Fachsprache heißt diese OP-Technik per Wasserstrahl auch Aquablation (Aquabeam®). Das Prostatagewebe, welches die Harnröhre einengt wird dabei durch einen kräftigen Wasserstrahl abgetragen. Ist der Engpass beseitigt, sollte der Harn wieder problemlos aus der Harnblase abfließen können. 

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Warum wir den Markennamen “Aquabeam®” nennen:

  • Der Name „Aquabeam“ nennen Ärzte und Ärztinnen oft, wenn sie ihren Patienten die Wasserstrahlmethode erklären.
  • Wir haben unsere Nutzer im Blick: Wer nach Behandlungsmethoden im Internet sucht, soll den redaktionellen Inhalt auch auffinden und sich informieren können.

Wasserstrahl-OP: Ablauf und Dauer

Forschende im kalifornischen Silicon Valley haben das Verfahren der Aquablation vor einigen Jahren entwickelt. In Deutschland kommt die minimal-invasive Methode schon an verschiedenen Kliniken zum Einsatz. Die Prostataverkleinerung mittels Wasserstrahl gilt als schnell, sanft und schonend.

Der Ablauf lässt sich so beschreiben:

  • Ärzte und Ärztinnen führen die Operation per Wasserstrahl unter einer Vollnarkose oder Rückenmarksnarkose im Krankenhaus durch.
  • Zunächst identifizieren und markieren sie genau jenen Bereich der Prostata, den sie entfernen wollen. Gekennzeichnet wird aber auch jener Bereich, der geschont werden soll, um die Ejakulationsfähigkeit zu erhalten. Die Kontrolle erfolgt mit Hilfe des  transrektalen Ultraschalls (TRUS).
  • Anschließend erstellen sie einen Behandlungsplan, der die individuellen anatomischen Gegebenheiten eines Mannes berücksichtigt.
  • Das Operationsinstrument (Handstück), das den scharfen Wasserstrahl abgibt, wird über den Penis in die Harnröhre eingeführt und zur Prostata vorgeschoben. Dieses Instrument ist an eine Ultraschallsonde und eine Optik gekoppelt, damit Operateure und Operateurinnen einen guten Blick auf die Prostata haben. 
  • Nach dem zuvor erstellen Behandlungsplan führt ein Operationsroboter den Eingriff selbstständig durch, aber unter der Kontrolle und Aufsicht des Arztes oder der Ärztin. Das Geschehen lässt sich über eine Kamera am Bildschirm verfolgen. So können sie jederzeit eingreifen, wenn es nötig ist und die Behandlung anpassen.
  • Der Roboter lenkt den Wasserstrahl präzise und mit Hochdruck durch eine besondere Saphir-Düse auf das wuchernde Gewebe – ebenfalls unter Kontrolle per Ultraschall. So trägt er das überschüssige Gewebe ab.
  • Meist wird nach der der Wasserstrahlablation eine Blasenspiegelung (Zystoskopie) durchgeführt, um blutende Gefäße abzudichten (z.B. Bereich des Blasenhalses). Außerdem lässt sich dabei störendes Restgewebe abtragen.
  • Die Dauer der Wasserstrahl-OP ist verschieden und hängt von der Größe der Prostata ab. Etwa 30 Minuten veranschlagen Ärztinnen und Ärzte. Das Abtragen des Gewebes dauert meist nur wenige Minuten.
  • Meist erhalten Sie nach der Operation einen Blasenkatheter, um die Harnblase kontinuierlich zu spülen.
  • In der Regel bleiben Sie nach dem Eingriff über Nacht im Krankenhaus. Danach können Sie nach Hause gehen, meist ohne Blasenkatheter. 
     

Prostata vergrößert?

Lesen Sie die wichtigesten Infos zu Ursachen, Symptomen, Diagnose, Behandlungen und Verlauf der Prostatahyperplasie.

Prostata Hilfe Deutschland:  Gropaufnahme Tropfen fällt ins Wasser
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Aquablation: Vorteile

Es gibt einige Vorteile für den Mann, wenn Ärztinnen und Ärzte die Prostata mit einem Wasserstrahl schrumpfen. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Es kommt weder Strom noch Hitze zum Einsatz, sondern nur kaltes Wasser – daher sollte die Verkleinerung der Prostata besonders schonend ausfallen.
  • Die Wasserstrahl-OP soll sehr präzise sein und umliegendes Gewebe schonen.
  • Die Aquablation soll kürzer dauern als herkömmliche Methoden zur Prostataverkleinerung. Ungefähr 30 Minuten brauchen Ärztinnen und Ärzte für den Eingriff. Das reine Abtragen mit dem Wasserstrahl dauert sogar nur ungefähr fünf Minuten. Zum Vergleich: Eine „normale“ OP nimmt etwa 60 bis 90 Minuten in Anspruch. Allerdings dürfte für die meisten Männer weniger der Zeitfaktor – die OP-Minuten und die Dauer des Krankenhausaufenthaltes – als vielmehr ein gutes Operationsergebnis eine Rolle spielen.
  • Im Gegensatz zur mechanischen Technik oder Hitzebehandlung soll die Methode das Gewebe im Operationsgebiet weniger reizen – Patienten sollen rascher genesen.
  • Auch den Schließmuskel der Blase soll das Wasserstrahl-Verfahren schonen und das Risiko einer Inkontinenz senken.
  • Mit hoher Wahrscheinlichkeit können Männer anschließend einen ganz normalen Samenerguss haben – die Ejakulationsfähigkeit soll durch den Eingriff nicht leiden. Das Gleiche gilt für die Erektionsfähigkeit.

 

Wasserstrahl-OP: Nachteile und Nebenwirkungen

Wie jedes operative Verfahren kann auch die Aquablation einige Nachteile und Nebenwirkungen mit sich bringen. Meist sind die Beschwerden aber mild ausgeprägt und vorübergehender Natur. Sie klingen in der Regel innerhalb von zwei bis vier Wochen nach der Operation wieder ab.

Die wichtigsten Nebenwirkungen sind:

  • Leichte Schmerzen
  • Probleme beim Wasserlassen
  • Beschwerden im Beckenraum, beispielsweise Beckenschmerzen
  • Blut im Urin
  • Schwierigkeiten, die Blase komplett zu entleeren
  • Häufiger und/oder ausgeprägter Harndrang
  • Harnverhalt
  • Blasen- und Harnwegsinfektion
  • Probleme bei der Ejakulation
  • Verletzungen der Harnröhre oder des Enddarms 

Die aktuelle Leitlinie „Prostatavergrößerung“ empfiehlt, dass vor allem Männer mit einem großen Prostatavolumen (>80 cm³) über ein erhöhtes Blutungsrisiko nach der Wasserstrahlablation aufgeklärt werden sollten.

TURP

Lesen Sie die wichtigsten Infos über den Ablauf, die Dauer, Vorteile, Risiken und Nebenwirkungen der TURP.

Prostata Hilfe Deutschland: Illustration der Prostata und Harnblase
magicmine/iStock

Wasserstrahl-OP: Wirksamkeit

Zur Wirksamkeit der Aquablation schreiben die Autoren und Autorinnen der neuen Leitlinie: Im mittelfristigen Verlauf (bis drei Jahre nach der OP) zeige die Aquablation bei Männern mit einem Prostatavolumen von 30 bis 80 cm³ gleichwertige Resultate wie die Transurethrale Resektion der Prostata (TURP) – und zwar sowohl subjektiv als auch objektiv. 

Die Empfehlung basiert auf der Analyse und Bewertung der vorliegenden Studien zur Wasserstrahl-OP bei Prostatahyperplasie. Diese zeigen, wie gut die Wasserstrahl-OP im Vergleich zu einer etablierten OP-Methode wie TURP ist. Sie (und der Laser) gelten als Standards bei der Behandlung der gutartigen Prostatavergrößerung. 

Eine randomisiert-kontrollierte, verblindete Studie (WATER-Studie) schloss Männer mit einem Prostatavolumen zwischen 30 und 80 cm³ ein. Studien mit diesem Design besitzen eine hohe Aussagekraft. Teilnehmer waren insgesamt 181 Männern zwischen 45 und 80 Jahren. Alle Männer litten unter moderaten bis schweren Symptomen des unteren Harntraktes (LUTS). 116 Männer erhielten eine OP mittels Wasserstrahl, 65 Männer eine TURP. Das neuseeländische Forscherteam  um Peter Gilling beobachtete die Männer bis zu drei Jahre nach der Wasserstrahl-OP.

Die wichtigsten Ergebnisse aus dem Vergleich von TURP und Wasserstrahl:

  • Das Wasserlassen funktionierte nach der OP mittels Wasserstrahl genauso gut wie nach der TURP.
  • Die Erektile Funktion war nach der TURP zwar geringfügig schlechter als nach der Aquablation, aber nicht statistisch signifikant. Auch für die Männer selbst dürfte dieser minimale Unterschied kaum bedeutsam sein.
  • Komplikationen: Sechs Monate nach der OP fanden die Forscher keine gravierenden Unterschiede bezüglich der Komplikationen zwischen der OP mittels Wasserstrahl und der TURP.
  • Auch drei Jahre nach Therapie fanden sich stabile Therapieeffekte ohne signifikante Unterschiede zwischen Wasserstrahlablation und TURP.
  • Erneute Prostata-Op: Zwölf Monate nach der ersten OP mussten sich 1,7 Prozent der Männer, die mittels Wasserstrahl-OP behandelt worden waren, einem erneuten Eingriff an der Prostata unterziehen – nach der TURP dagegen niemand. Drei Jahre nach dem Eingriff sahen die Zahlen so aus: 4,3 Prozent brauchten nach der Aquablation und 1,5 Prozent nach einer TURP eine erneute OP. Insgesamt tragen Ärzte bei der Aquablation weniger Gewebe ab als mit dem Laser oder bei TURP. Daher lässt sich nicht ausschließen, dass die Prostata wieder nachwächst. Auch die größere Erfahrung der Ärzte mit der TURP könnte die geringere Rate an erneuten Operationen erklären. 

Eine weitere Studie (WATER II) untersuchte die Wirksamkeit der Wasserstrahl-Methode bei Männern mit einem größerem Prostatavolumen (80 bis 150 cm³). Teilnehmer waren 101 Männer mit einer vergrößerten Prostata. Allerdings gab es hier keinen Vergleich mit anderen Behandlungsmethoden wie TURP oder Laser. So stehen aussagekräftige Ergebnisse aus vergleichenden Studien noch aus. Nach drei Monaten hatten die Probleme beim Wasserlassen abgenommen. Zugleich war die maximale Harnflussrate (Qmax) gestiegen.  Auch zwei Jahre nach der Aquablation waren die Effekte noch unverändert. Bei zwei Prozent der Männer war jedoch ein erneuter Eingriff nötig. 

Eine Analyse der beiden Studien fand keine deutlichen Unterschiede bezüglich der Wirksamkeit des Verfahrens bei Prostatavolumina zwischen 30 bis 80 cm³ und 80 bis 150 cm³.

Laser

Eine vergrößerte Prostata lässt sich auch mit einem Laser verkleinern. Lesen Sie, wie das Lasern der Prostata abläuft und welche Vor- und Nachteile es hat. 

Prostata Hilfe Deutschland: Illustration Laser
Happy_vector/iStock

Aquablation – für welchen Mann?

Ärztinnen und Ärzte sollten die Wasserstrahlablation Männern mit einer Prostatagröße von 30 bis 80 cm3 als Alternative zur TURP anbieten. Die Wasserstrahl-OP sollte in Zentren durchgeführt werden, die Erfahrung mit der Aquablation haben.

Daneben gibt es noch einige andere Aspekte, die Ärzte und Ärztinnen in die Entscheidung für eine bestimmte Behandlung einbeziehen:

  • Rund fünf Prozent aller Männer, die sich einer Op wegen einer Prostatavergrößerung unterziehen, haben zugleich Blasensteine. Im Rahmen der TUR P können Ärzte sie gleich mitentfernen. Bei einer Aquablation ist dies dagegen nicht möglich. 
  •  Außerdem nehmen nicht wenige Männer Medikamente zur Blutverdünnung ein. Für sie eignet sich die Wasserstrahl-Methode nicht.
  • Auch für Männer mit Prostatakrebs ist die Aquablation nicht geeignet. 

Fazit: Die Aquablation ist ein noch relativ neues Verfahren. Die Operation mittels Wasserstrahl eignet sich zwar nicht für alle Männer, aber manche könnten davon profitieren. In Deutschland ist für die Aquablation zur Behandlung von Männer mit einer Prostatavergrößerung zugelassen. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten dafür.

Prostata-OP: ja oder nein?

Die gutartige Prostatavergrößerung betrifft viele Männer, besonders in höherem Lebensalter: Unter den 40- bis 60-Jährigen hat etwa jeder zweite Mann eine Prostatahyperplasie. Bei den 60- bis 80-Jährigen sind es schon rund 75 Prozent und bei den Über-80-Jährigen sogar etwa 90 Prozent. Das vermehrte Prostatagewebe drückt auf die Blase und Harnröhre, was verschiedenste Probleme beim Wasserlassen hervorrufen kann.

Bevor sich Männer für eine Operation aufgrund ihrer Prostatavergrößerung entscheiden, wägen sie in der Regel meist gemeinsam mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin das Für und Wider sowie die Vor- und Nachteile verschiedener Methoden ab. Für die meisten Männer steht wohl ein gutes funktionelles Ergebnis im Vordergrund. So soll das Wasserlassen nach der OP wieder beziehungsweise wieder besser möglich sein. Auch die Sexualfunktion soll möglichst erhalten bleiben.

Daneben spielt das Langzeitergebnis eine wesentliche Rolle. Als Zeitspanne gelten zehn Jahre nach dem Eingriff. Denn keinem Mann nützt es etwas, wenn der Operationserfolg nur von kurzer Dauer ist und die Probleme schnell wiederkehren. „Dann ist eine erneute OP notwendig, die schließlich niemand möchte“, erklärt der Urologe Dr. Jost von Hardenberg, Urologe am Urologie Zentrum Kiel. Und zuletzt sollte die Methode mit möglichst wenig Komplikationen, Risiken und Nebenwirkungen verknüpft sein. 

Medizinische Beratung: Dr. Jost von Hardenberg

 

Quellen: