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Prostatakrebs-Risiko – so spielt die Verwandtschaft mit

24. August 2020 | von Ingrid Müller

Die Familiengeschichte und die Gene gelten als ein Risikofaktor für Prostatakrebs. Sind nahe Verwandte wie der Vater oder Bruder erkrankt, hat auch der Angehörige ein erhöhtes Risiko. Dass jedoch auch Krebsvorstufen in der Familie die Gefahr für ein Prostatakarzinom erhöhen, zeigte jetzt eine neue Studie.

Das Prostatakrebs-Risiko hat manchmal auch mit der eigenen Familie und den Genen zu tun. So haben Männer eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für einen bösartigen Tumor in der Prostata, wenn schon der Vater oder Bruder daran erkrankt ist. Wer also in seiner näheren Verwandtschaft Fälle von Prostatakrebs hat, läuft Gefahr, womöglich selbst daran zu erkranken. Und je mehr enge Familienmitglieder betroffen sind, desto höher steigt diese Gefahr. „Prostatakrebs besitzt eine nicht unerhebliche erbliche Komponente“, sagt der Würzburger Prostatakrebsspezialist und Urologen Dr. Frank Schiefelbein. Und diese sei schon von Geburt an im Erbgut angelegt.

"Bei Männern, deren Väter, Großväter und Brüder an Prostatakrebs erkrankt sind, ist das Prostatakrebs-Risiko um das Zwei- bis Sechsfache erhöht."

Dr. Frank Schiefelbein, Urologe

Forscher des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFT) wollten jetzt wissen, ob diese Zusammenhänge auch für Krebsvorstufen gelten. Dazu gehören zum Beispiel die atypische mikroazinäre Proliferation (ASAP) oder die prostatische intraepitheliale Neoplasie (PIN). Bislang war es unklar, ob solche Vorstufen ebenfalls ein erhöhtes Risiko für Prostatakrebs bergen. Das Ergebnis: Krebsvorstufen sind mit einem ähnlich hohen Erkrankungsrisiko für nahe Verwandte verbunden wie ein Prostatakarzinom in der Familie. „Dies sollte zukünftig bei Beratungen zur Früherkennung mit einfließen“, raten die Wissenschaftler daher.

 

Auch Krebsvorstufen erhöhen das Prostatakrebs-Risiko

Gemeinsam mit der schwedischen Universität Lund werteten die Forscher Daten von mehr als sechs Millionen Männern und deren Eltern aus. „Das ist die weltweit größte Kohortenstudie zu familiärem Prostatakrebs“, sagt Mahdi Fallah, Leiter der Gruppe Risikoadaptierte Prävention in der Abteilung Präventive Onkologie des DKFZ und am NCT Heidelberg. Im Studienzeitraum zwischen 1958 und 2015 erkrankten 238.196 Männer (3,8 Prozent) an Prostatakrebs. 5.756 Männer (0,09 Prozent) entwickelten eine der untersuchten Krebsvorstufen.

Die Forscher fanden heraus, dass Krebsvorstufen bei engen Familienmitgliedern ein fast genauso hohes Prostatakrebs-Risiko bedeuteten wie ein Prostatakarzinom. „Wenn bei Verwandten ersten Grades – also bei Vater oder Bruder – eine Vorstufe von Prostatakrebs auftritt, dann ist dies für Männer mit einem 1,7‑fachen Risiko verbunden, selbst an einem invasiven Prostatakarzinom zu erkranken“, berichtet Fallah. Das gelte im Vergleich zu Männern, die keinen Prostatakrebs und keine Krebsvorstufen in der Familiengeschichte hätten. Zum Vergleich: Bei Männern mit an Prostatakrebs erkrankten Angehörigen ist dieses Risiko ungefähr um das Zweifache erhöht.

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Krebsvorstufen – Sterblichkeit steigt zusätzlich

Auch das Alter scheint eine gewisse Rolle zu spielen. Ein leicht erhöhtes Erkrankungsrisiko haben Männer, bei deren Verwandten die Vorstufen schon vor dem 60. Lebensjahr gefunden wurden – im Vergleich zu Männern, bei deren Verwandten Ärzte sie in einem höheren Alter entdeckten.

Dazu kommt noch eine weitere Gefahr. Männer, bei denen ein Verwandter ersten Grades eine Krebsvorstufe in der Prostata hat, haben ein 1,7‑faches Risiko, an einem invasiven Prostatakarzinom zu sterben. Dies gilt wieder im Vergleich zu Männern, die keine Verwandten mit Vorstufen von Prostatakrebs oder einem Prostatakarzinom haben.

„Gibt es in der Familiengeschichte Vorstufen von Prostatakrebs, sind diese Tumorformen also genauso relevant wie invasive Formen von Prostatakrebs bei Verwandten – und zwar sowohl in Bezug auf das Auftreten von Prostatakrebs als auch auf die Sterblichkeit“, schlussfolgert Fallah.

 

Risikofaktoren für Prostatakrebs

Die Familiengeschichte sei jetzt der stärkste bekannte Risikofaktor für Prostatakrebs, so die Forscher. Die Studienergebnisse hätten daher auch Auswirkungen auf die Krebsfrüherkennung. „Sie sollte risikoangepasst sein“, erklärt Elham Kharazmi, die Co-Leiterin der Studie. Dies bedeutet, dass nicht nur ein Prostatakrebs in der Familie in die Beratung familiär belasteter Männer mit einfließen sollte, sondern auch die Krebsvorstufen. So könnten Ärzte eine genauere Risikoeinschätzung treffen.

Die Ursachen für Prostatakrebs sind noch nicht ausreichend aufgeklärt. Ein wichtiger Risikofaktor ist das Alter. So sind etwa 90 Prozent aller Männer mit einem bösartigen Tumor in der Prostata älter als 60 Jahre. Bei Männern unter 45 Jahren diagnostizieren Ärzte selten Prostatakrebs. Auch die Hormone (Testosteron), Hautfarbe und womöglich die Ernährung spielen mit. Vermutlich müssen aber mehrere Risikofaktoren zusammenwirken, damit tatsächlich Prostatakrebs entsteht.

Ursachen und Risikofaktoren

Alle Ursachen und Risikofaktoren, die Prostatakrebs begünstigen könnten, im Überblick!

Prostata Hilfe Deutschland: Illustrationsbild - Schwimmer
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Prostatakrebs – so viele Männer erkranken

Prostatakrebs ist in Deutschland die häufigste Krebsart bei Männern. Ungefähr 58.800 Männer erkrankten im Jahr 2016 neu daran, besagt die Statistik des Robert Koch-Instituts. Das Prostatakarzinom ist für rund 20 Prozent aller Krebsneuerkrankungen bei Männern verantwortlich. Und etwa zehn Prozent aller Krebstodesfälle bei Männern gehen auf Prostatakrebs zurück – mehr als 14.000 Männer sterben jedes Jahr daran.

 

Quellen