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Vergrößerte Prostata – welche pflanzlichen Medikamente helfen?

09. November 2023 | von Ingrid Mülller

Eine gutartige Prostatavergrößerung lässt sich auch mit pflanzlichen Medikamenten behandeln. Lesen Sie, welche natürlichen Mittel bei  Problemen mit dem Wasserlassen hilfreich sein können – von Sägepalme über Kürbissamen bis zu Gräserpollen. 

Viele Männer setzen bei einer gutartigen Prostatavergrößerung (benigne Prostatahyperplasie, BPH) zunächst auf die "sanfte" Medizin. Sie greifen oft zu pflanzlichen Arzneimitteln (Phytotherapeutika), die als natürlich, gut verträglich und schonend gelten. Sie möchten nicht gleich mit chemischen Medikamenten oder einer Operation (zum Beispiel TURP) gegen ihre Beschwerden beim Wasserlassen vorgehen. Den meisten Männern mit einer vergrößerten Prostata machen Symptome wie häufiger und nächtlicher Harndrang zu schaffen. Diese können den Alltag und die Lebensqualität einschränken. 

Aber nicht jeder Mann mit einer vergrößerten Prostata erlebt die gleichen Beschwerden in der gleichen Intensität. Manche verspüren nur milde Symptome, die sie kaum in ihrem Alltag einschränken. Die anderen erleben dagegen ausgeprägte und sehr störende Symptome. Wichtig ist es immer, sich ärztlichen Rat einzuholen und mit dem Arzt oder der Ärztin zu besprechen, ob eine Behandlung nötig ist (es gibt auch das kontrollierte Abwarten) und welche Therapie sich für Sie eignet. 

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Pflanzliche Medikamente bei Prostatahyperplasie – wie wirksam?

Bei leichten Prostatabeschwerden können pflanzliche Medikamente eine Behandlungsmöglichkeit sein. Allerdings sei es noch nicht ausreichend durch Studien belegt, ob und in welchem Ausmaß Phytotherapeutika einen positiven Effekt hätten, schreiben die Autoren und Autorinnen der neuen Leitlinie zum gutartigen Prostatasyndrom. Unklar sei es außerdem oft, welche Substanzen aus den eingesetzten Pflanzen für eine Wirkung verantwortlich seien. 

Ein wesentlicher Grund für die vielen Fragezeichen bei pflanzlichen Medikamenten gegen die Prostatavergrößerung ist, dass die Zusammensetzung der enthaltenen Extrakte aus Früchten, Blättern oder Wurzeln nicht standardisiert ist. Sie kann – je nach Hersteller – von Präparat zu Präparat sehr verschieden sein. Das gilt selbst dann, wenn der Extrakt aus der gleichen Pflanze stammt, also zum Beispiel aus der Sägepalme oder Kürbissamen. 

Auch die Art und Weise, wie diese Extrakte hergestellt werden, unterscheidet sich von Hersteller zu Hersteller. Die vielleicht positiven Ergebnisse aus Studien, in denen der Extrakt eines Herstellers überprüft wurde, lassen sich  daher nicht unbedingt auf das Produkt mit dem gleichen Extrakt eines anderen Herstellers übertragen. Schließlich spielt auch das Studiendesign eine Rolle, das ebenfalls sehr verschieden sein kann.

„Natürliche“ Mittel bei Prostatavergrößerung – eine oder mehrere Pflanzen

Phytotherapeutika gegen eine vergrößerte Prostata gibt es in zwei verschiedenen Varianten: Ein Präparat kann den Extrakt einer einzelnen Pflanze (Monopräparat) oder eine Kombination aus mehreren Pflanzen (Kombinationspräparat) enthalten. Bei Präparaten mit mehreren Pflanzenextrakten steht der wissenschaftliche Nachweis ebenfalls noch aus, dass es ergänzende (komplementäre), zusätzliche (additive) oder potenzierende Wirkungen gibt. Man kann also nicht allgemein sagen: Mehr Pflanzen in einem Präparat helfen auch mehr. 

Wichtig ist auch, dass Phytotherapeutika keinen Einfluss auf das Prostatavolumen haben. Sie können also die Prostata nicht wieder verkleinern oder „schrumpfen“. Ein Überblick über die wichtigsten pflanzlichen Medikamente, die bei einer Prostatavergrößerung eventuell hilfreich sein können. 

Prostatahyperplasie

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Sägepalmenfrüchte

Die Früchte der Sägepalme (Sabal serrulata, Serenoa repens) sind bei einer Prostatahyperplasie gut in Studien untersucht. Sie gehören zu den am häufigsten eingesetzten pflanzlichen Arzneien bei einer vergrößerten Prostata.  Extrakte der Sägepalme enthalten geringe Mengen an Phytosterolen. Diese zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen, denen gesundheitlich positive Wirkungen zugeschrieben werden. Chemisch sind sie dem Cholesterin sehr ähnlich. 

Hauptsächlich sind Sägepalmenfrüchte jedoch reich an freien Fettsäuren. Auf diese Substanzen führen Forschende die günstigen Wirkungen bei einer BHP zurück. Freie Fettsäuren sollen zum Beispiel:

  • antiandrogene Wirkungen besitzen – sie vermindern die Aktivität von Geschlechtshormonen wie Testosteron.
  • das Enzym 5α-Reduktase reduzieren – dieses Enzym hilft dabei mit,  das Testosteron in seine biologisch aktivste Form, das Dihydrotestosteron (DHT), umzuwandeln.
  • Wachstumsfaktoren vermindern – und so die Zellteilung und das Zellwachstum bremsen.
  • antientzündliche Eigenschaften besitzen.

Das Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC) schreibt, dass die Früchte der Sägepalme zur Behandlung von Symptomen einer gutartigen Prostatavergrößerung einsetzbar seien. Auch zur Therapie von Beschwerden des unteren Harntraktes (beispielsweise Probleme das Wasserlassen zu beginnen, häufiger Harndrang) seien Sägepalmenfrüchte geeignet. 

Kürbissamen 

Präparate mit Extrakten aus Kürbissamen sind weit verbreitet und kommen oft bei einer Prostatavergrößerung zum Einsatz. Kürbissamenextrakte enthalten unter anderem Fettsäuren (beispielsweise Linolsäure), Sterole, Carotinoide, Selen und  Magnesiumsalze. Forschende vermuten, dass Kürbissamen entzündungshemmende und antiandrogene  Wirkung besitzen. Außerdem könnten sie die glatte Muskulatur der Blase und Prostata günstig beeinflussen und so die Probleme beim Wasserlassen bessern. 

Kürbissamen werden laut der Europäischen Arzneimittel Agentur (EMA) traditionell bei Symptomen  des unteren Harntraktes (LUTS) eingesetzt, die bei einer gutartigen Prostatavergrößerung oft vorkommen. Auch bei einer überaktiven Blase können Extrakte aus Kürbissamen eventuell helfen. 

Brennnesselwurzel

Die Extrakte  der Brennnesselwurzel (Urtica dioica) enthalten hohe Konzentrationen an Vitamin  A,  C,  E,  D und  K sowie große Mengen verschiedener Mineralien. Dazu gehören zum Beispiel Eisen,  Kalzium, Magnesium, Kalium, Phosphat oder Chlor. 

Zudem ist die Brennnesselwurzel reich an Scopoletin (ein Cumarin), Flavonoiden (sekundären Pflanzenstoffen),  Sitosterol  und ungesättigten Fettsäuren. Unklar ist bisher, welche Substanz aus der Brenneselwurzel für die vermutete Wirkung bei einer Prostatahyperplasie verantwortlich ist. Es könnten auch mehrere Substanzen gemeinschaftlich wirken.

Pollenextrakte 

Präparate mit Pollenextrakten (Secale cereale) werden in vielen europäischen Ländern angeboten. Die Pollenextrakte werden aus verschiedenen Gräserpollen gewonnen, zum Beispiel aus Roggen-, Timothy Gras- oder Mais-Pollen. Wie gut solche Pollenextrakte tatsächlich bei einer vergrößerten Prostata wirken, ist noch nicht geklärt. Die Studienlage und -daten zur Wirksamkeit sind bisher nicht ausreichend.

Afrikanischer Pflaumenbaum

Die Extrakte des Afrikanischen Pflaumenbaums (Pygeum africanum) werden aus der Rinde gewonnen. Vor allem in den USA und in Frankreich sind die Präparate gegen die Prostatavergrößerung verbreitet. Die Extrakte enthalten zum Beispiel langkettige Fettsäuren und Phytosterole. Die Rinde des Afrikanischen Pflaumenbaums soll antientzündliche  und gewebsentwässernde  Effekte  haben und womöglich bestimmte Wachstumsfaktoren hemmen.

Die EMA stuft den Afrikanischen Pflaumenbau als traditionell eingesetztes Produkt ein, mit dem sich Symptome des unteren Harntrakts lindern lassen, die auf eine Prostatavergrößerung zurückzuführen sind. 

Phytosterolextrakte 

Als Hauptquelle für Phytosterole dienen Pinien. Sie enthalten hauptsächlich die Substanz ß-Sitosterin, die zur Gruppe der sogenannten Phytosterine zählt. Chemisch sind sie dem Cholesterin ähnlich. Ob das ß-Sitosterin tatsächlich für die Wirkung bei einer vergrößerten Prostata verantwortlich ist, ist noch nicht klar. Es könnten auch die freien Fettsäuren sein, lautet die Vermutung. 

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Pflanzliche Mittel bei Prostatavergrößerung: Nebenwirkungen und Kosten

Pflanzlichen Arzneimitteln werden nur geringe Nebenwirkungen zugeschrieben – und wenn, dann sind sie mild ausgeprägt. Vor allem auf die Sexualität haben sie offenbar keinen negativen Einfluss. Ejakulationsstörungen und eine verminderte Libido ließen sich in Studien nicht nachweisen. Das galt vor allem für Extrakte aus der Sägepalme.

Phytotherapeutika gegen einer Prostatavergrößerung sind nicht verschreibungspflichtig, also ohne Rezept in Apotheken oder Internetapotheken erhältlich. Die Kosten übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen seit dem Jahr 2004 nicht mehr, sondern Sie müssen die Präparate gegen die Prostatavergrößerung selbst bezahlen. Allerdings gibt es auch einige Ausnahmen. Manche Krankenkassen erstatten pflanzliche Medikamente gegen die Prostatahyperplasie bis zu einem bestimmten Betrag. Fragen Sie bei Ihrer Krankenkasse nach.

Phytotherapeutika bei vergrößerter Prostata: Fazit

  • Es gibt zahlreiche Veröffentlichungen und Studien zur Behandlung der BHP mittels Phytotherapeutika. Dennoch wird es weiterhin kontrovers diskutiert, welchen Stellenwert pflanzliche Medikamente bei der Behandlung einer vergrößerten Prostata haben. 
  • Die Präparate auf dem Markt sind sehr unterschiedlich zusammengesetzt, selbst wenn sie die gleiche Pflanze enthalten. Daher lassen sich die Studienergebnisse in vielen Fällen nicht miteinander vergleichen.
  • Es fehlen Daten zu den Langzeitergebnissen – wie gut können Phytotherapeutika die Beschwerden langfristig lindern?
  • In manchen Studien schnitten Phytotherapeutika nicht besser als ein Placebo (ohne Wirkstoff).
  • Auch der Nachweis, dass pflanzliche Mittel das Prostatawachstum verringern und das Fortschreiten der Prostatavergrößerung aufhalten, steht noch aus. 

Daher gibt die aktuelle Leitlinie zur Prostatavergrößerung auch keine allgemeine Empfehlung zur Behandlung der Prostatavergrößerung mittels Phytotherapeutika. Aber die Autoren der Leitlinie schreiben auch: Wenn ein Mann chemische Arzneimittel für die Behandlung des benignen Prostatasyndroms ablehnt und er sich ein pflanzliches Mittel wünscht, sollen Ärztinnen und Ärzte ihn beraten, welche Präparat in Frage kommt. Bei leichten bis mittelschweren Symptomen sei der Einsatz von Phytotherapeutika wegen der geringeren Nebenwirkungen in Erwägung zu ziehen.

Quellen: