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iTIND bei Prostatavergrößerung – was ist das?

18. Dezember 2023 | von Ingrid Mülller

iTIND – ein vorübergehend implantierbares Körbchen aus Nitinol – ist eine noch relative neue Behandlung bei einer gutartigen Prostatavergrößerung. Lesen Sie die wichtigsten Fakten zu Ablauf, Wirksamkeit, Nebenwirkungen und für welchen Mann sich die Methode eignet.

Kurzüberblick

  • Was ist iTIND? Abkürzung steht für vorübergehend implantierbares Körbchen aus Nitinol, wird zur Behandlung einer vergrößerten Prostata eingesetzt
  • Wie funktioniert es? Körbchen besitzt drei Anker, die Druck auf das Gewebe ausüben und es absterben lassen, so bilden sich drei neue Kanäle für den Harnfluss, Ziel ist Umformung der prostatischen Harnröhre, die durch die Prostata verläuft
  • Ablauf: Körbchen wird über die Harnröhre eingebracht und bleibt dort für etwa fünf Tage, in dieser Zeit entfaltet es sich und stößt die Umformung an, danach wird es wieder entfernt, Eingriff lässt sich ambulant durchführen
  • Was danach beachten? Zum Beispiel keinen Sex, keine körperlich anstrengenden Tätigkeiten
  • Wie wirksam ist iTIND? Bessert Symptome, Harnfluss und Lebensqualität meist direkt, Effekte halten bis zu drei Jahre an
  • Nebenwirkungen: leicht bis moderat, zum Beispiel Blut im Urin, Schmerzen beim Wasserlassen, verstärkter und häufiger Harndrang, meist vorübergehend – keine Erektionsstörungen
  • Welcher Arzt? Urologe oder Urologin in Klink oder in spezialisierter ambulanter Arztpraxis
  • Kosten: Gesetzliche Krankenkasse übernimmt Kosten in der Regel nicht, iTIND ist Selbstzahlerleistung
  • Für welchen Mann? Beispielsweise jemand, der sexuell aktiv ist, leichte bis mäßige Prostatabeschwerden hat, keine OP oder Medikamente wünscht

Was ist iTIND?

iTIND ist eine noch relativ neue Behandlung für Männer mit einer gutartigen Prostatavergrößerung, einer benignen Prostatahyperplasie (BPH). Die Abkürzung „TIND“ steht für Engl.  „Temporary Implantable Nitinol Device“. Zu Deutsch: Vorübergehend implantierbares Nitinolgerät. Es handelt sich um ein kleines Körbchen, das aus dem Material Nitinol besteht, einer Nickel-Titan-Legierung. 

iTIND kann für bestimmte Männer eine Behandlungsalternative zu Medikamenten oder einem chirurgischen Eingriff bei einer vergrößerten Prostata sein, so die aktuelle S3-Leilinie zur gutartigen Prostatahyperplasie. Es bessert die Beschwerden beim Wasserlassen offenbar auch langfristig. Ein wesentlicher Vorteil ist, dass iTIND die Sexualfunktion nicht stört.  Als Standardbehandlung bei einer vergrößerten Prostata gilt aber nach wie vor die TURP

Wie funktioniert iTIND? 

Das Prinzip von iTIND ist, dass der Harnröhrenabschnitt, der durch die Prostata verläuft und eingeengt ist, durch das implantierte Körbchen „umgeformt“ wird. Das temporär implantierbare Körbchen aus Nitinol (zweite Generation iTIND) besitzt drei Spangen oder Anker. Diese können sich entfalten und üben an drei festgelegten Punkten leichten Druck aus. An diesen Stellen bilden sich neue längliche Kanäle für den Harnabfluss. Außerdem wird der Blasenhals erweitert. 

Das eingepflanzte Körbchen bewirkt eine sogenannte Drucknekrose. Das bedeutet: An den drei Punkte wird das Prostatagewebe aufgrund der mechanischen Einwirkung weniger durchblutet (Ischämie). Es erhält weniger Sauerstoff und Nährstoffe und stirbt ab. So entstehen neue Kanäle für die Harnentleerung. 

Das Körbchen wird vorübergehend in die Harnröhre implantiert. Dies geschieht im Rahmen eines minimal-invasiven Eingriffs („Schlüssellochchirurgie“) über die Harnröhre. Große Schnitte sind also nicht nötig und Männer erholen sich schneller wieder. Es gibt noch andere Behandlungen bei einer vergrößerten Prostata, die ebenfalls als schonend gelten. 

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Prostata Hilfe Deutschland:  Gropaufnahme Tropfen fällt ins Wasser
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iTIND: Ablauf 

Der Ablauf der Körbchen-Implantation lässt sich ungefähr so beschreiben:

  • Die Implantation des iTIND lässt sich unter einer Lokalnarkose, Dämmerschlaf oder einer Vollnarkose ambulant in einer Klinik oder spezialisierten ambulanten Arztpraxis durchführen.
  • Ärztinnen und Ärzte schieben das kleine Körbchen über die Harnröhre in Richtung der Prostata vor und platzieren es dort. Kontrolliert wird das Einpflanzen durch eine Blasenspiegelung (Zystoskopie). Zum Einsatz kommt dabei ein spezielles endoskopisches Instrument, das Zystoskop. Es ist mit einer kleinen Kamera und einer Lichtquelle ausgerüstet, damit Ärztinnen und Ärzte einen guten Blick auf das OP-Gebiet haben. Einer der drei Anker hält das Nitinol-Körbchen an seinem Ort und verhindert, dass es in die Harnblase rutscht. 
  • Nach dem Einpflanzen des Implantats beobachten Ärztinnen und Ärzte Ihren Gesundheitszustand über einige Stunden. Der Eingriff lässt sich ambulant durchführen. Das heißt: Sie können anschließend (in der Regel ohne Katheter) wieder nach Hause gehen. 
  • Das Körbchen aus Nitinol verbleibt über einen Zeitraum von fünf bis sieben Tagen in der Prostata. In dieser Zeit entfaltet es sich allmählich. 
  • Danach gehen Sie erneut die Klinik oder Arztpraxis. Am Körbchen ist ein Faden befestigt, der aus der Harnröhre herausragt und der an der Penisspitze festgeklebt ist. Mit Hilfe eines Katheters lässt sich das Körbchen wieder zusammenfalten und über die Harnröhre entfernen. Das Körbchen verbleibt also nicht dauerhaft in der prostatischen Harnröhre (dem Abschnitt, der durch die Prostata verläuft). 
  • Anschließend sollten sich die Probleme beim Wasserlassen gleich bessern. Es kann jedoch einige Wochen dauern, bis die Effekte voll ausgeprägt sind.

 

Was ist danach zu beachten?

Während das Implantat in der Harnröhre liegt, sollten Sie einige Tipps beherzigen:

  • Ziehen Sie nicht an dem Faden, beschädigen sie ihn nicht und entfernen Sie ihn auch nicht. Der Faden ist nötig, damit Ärztinnen und Ärzte das Implantat nach einigen Tagen wieder herausziehen können. 
  • Verzichten Sie auf sexuelle Aktivitäten, während Sie das Körbchen tragen.
  • Strengen Sie sich körperlich nicht übermäßig an und verausgaben Sie sich nicht, etwa beim Sport. Verzichten Sie zum Beispiel auf schweres Heben, Radfahren oder Joggen.

 

Nach der Entfernung des Implantats können Sie Ihre normalen Alltagsaktivitäten in der Regel innerhalb von ein bis zwei Tagen wieder aufnehmen.

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Prostata Hilfe Deutschland: Grafik normale und vegrößerte Prostata
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Wie wirksam ist das Nitinol-Körbchen?

Es gibt laut Leitlinie mehrere Studien zur Wirksamkeit des implantierbaren Nitinol-Körbchens. Diesen Untersuchungen zufolge verbesserten sich die Symptome (IPSS-Score) und die Lebensqualität der Männer innerhalb von zwölf Monaten. Auch nach drei Jahren hatten die positiven Effekte noch Bestand. Zudem verbesserte sich der maximale Harnstrahl zwölf Monate nach dem Eingriff und der Restharn nahm ab. Auch drei Jahre später hatten sich diese objektiv messbaren Parameter nicht wesentlich verändert. Die Wirksamkeit von iTIND scheint daher über mehrere Jahre anzuhalten.

Welche Nebenwirkungen können bei iTIND auftreten?

Die meisten Nebenwirkungen durch das implantierte Körbchen beschrieben die Männer als mild oder moderat. Die Nebenwirkungen traten vor allem in der Zeit der Implantation auf, als das Körbchen in der Harnröhre platziert war. Nach der Entfernung besserten sich die Nebenwirkungen wieder. Am häufigsten kamen folgende unerwünschte Wirkungen vor:

  • Blut im Urin (Hämaturie)
  • Schmerzen beim Wasserlassen (Dysurie)
  • Häufiger und vermehrter Harndrang
  • Druckgefühl oder Fremdkörpergefühl in der Nähe des Damms
  • Schmerzen
  • Harnverhalt
  • vorübergehende Inkontinenz

iTIND beeinträchtigte die Sexualfunktion der Männer nicht. Eine retrograde Ejakulation, bei der die Samenflüssigkeit in die Blase statt über die Harnröhre nach draußen gelangt, wurde nicht beobachtet. Auch Erektionsstörungen kamen bei den Männern nach der Körbchen-Implantation nicht vor. 

Drei Jahre nach dem iTIND-Eingriff benötigten 6,2 Prozent der Männer Medikamente gegen ihre Prostatavergrößerung. 8,6 Prozent der Männer mussten sich einer Operation unterziehen. Besonders das Vorhandensein eines Mittellappens der Prostata war ein Risikofaktor für weitere Behandlungen. 

iTIND: Welcher Arzt?

iTIND können Urologen und Urologinnen in einer Klinik oder spezialisierten ambulanten Arztpraxis durchführen.  Ein stationärer Aufenthalt, bei dem Sie im Krankenhaus bleiben müssen, ist nicht nötig. Sie können nach dem Eingriff wieder nach Hause gehen. In Deutschland führen einige urologische Zentren und Arztpraxen die Implantation des Nitinol-Körbchens durch. Adressen lassen sich über die Suchmaschinen und die Stichwortsuche recherchieren. 

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Übernimmt die Kasse die Kosten für das Nitinol-Implantat?

Die Kosten für iTIND übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen derzeit nicht. Männer müssen den Eingriff daher selbst bezahlen. Besprechen Sie immer vorher mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, welche Kosten genau auf Sie zukommen. Privat Versicherte können sich bei ihrer Krankenversicherung erkundigen, ob sie die Kosten übernimmt oder zumindest einen Teil davon trägt. 

Implantierbares Nitinol-Körbchen: Für welchen Mann?

Das temporär implantierbare Körbchen aus Nitinol kann eine Therapiealternative für Männer sein, die:

  • milde bis moderate Beschwerden aufgrund ihrer Prostatahyperplasie haben.
  • keine Medikamente einnehmen möchten oder bei denen Medikamente nicht ausreichend wirksam sind.
  • sich keiner chirurgischen Operation unterziehen möchten.
  • sexuell aktiv sein und ihre Erektionsfähigkeit und Ejakulationsfunktion erhalten möchten. 

Einige Voraussetzungen sollten jedoch erfüllt sein:

  • Das Prostatavolumen sollte höchstens 75cm3 betragen.
  • Ein Mittellappen der Prostata sollte nicht vorhanden oder kleiner als 1 cm sein. 

Besprechen Sie immer mit Ihrem Urologen oder Ihrer Urologin, welche Behandlung für Sie in Frage kommt und ob iTIND vielleicht eine Möglichkeit für Sie ist. Es gibt noch viele andere Therapien bei einer vergrößerten Prostata – von Abwarten und pflanzlichen Arzneimitteln über Medikamente bis hin zur Operation mit Strom, Laser, Wasserdampf oder Wasserstrahl.

 

Quellen: