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Prostatakrebs: HPV-Infektion als Auslöser?

15. Juli 2020 | von Ingrid Müller

Humane Papillomviren, kurz HPV, spielen bei einigen Krebsarten eine Rolle, besonders beim Gebärmutterhalskrebs. Jetzt bringen australische Forscher die HP-Viren auch mit Prostatakrebs in Zusammenhang. 

Humane Papillomviren (HPV) sind vor allem in Verbindung mit Gebärmutterhalskrebs bekannt. Besonders gefährlich sind die Varianten HPV 16 und HPV 18, die das Risiko für diese Krebsart deutlich erhöhen. Jetzt fanden australische Forscher Hinweise darauf, dass eine HPV-Infektion auch mit der Entwicklung von Prostatakrebs in Zusammenhang stehen könnte. Die Ergebnisse ihrer Studie veröffentlichten sie in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Infectious Agents and Cancer.

 

HPV – gut- und bösartiges Prostatagewebe untersucht

Die Forscher um James Lawson and Wendy Glenn von der University of New South Wales, Australien, analysierten 26 verschiedene Studien zu HPV und suchten nach einer möglichen Verbindung zu Prostatakrebs. Sie wollten wissen, ob im gesunden Prostatagewebe, aber auch im Proben von Prostatakrebsgewebe HPV nachweisbar war.

Bei ihrer Auswertung fanden sie heraus, dass die Hochrisikotypen HPV 16 und  18 sowohl in normalem und gutartigem, aber auch in bösartigem Prostatagewebe vorkamen. Diese beiden Virustypen sind für die Mehrzahl der Gebärmutterhalskrebserkrankungen verantwortlich. Die Menge des viralen Erbguts der beiden Hochrisikotypen, das auf die krebsauslösenden Viren hinweist, war im Prostatakrebsgewebe jedoch deutlich höher als im gesunden Gewebe der Prostata.

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Hochrisikotypen in Prostatakrebsgewebe häufiger

Die Hochrisiko-Varianten der humanen Papillomviren wurden bei 325 (22,6 Prozent) von 1.284 Prostatakrebsproben, aber nur in 113 (8.6 Prozent) von 1.313 normalen, gutartigen Proben der Prostata nachgewiesen. Die Studienautorin Wendy Glenn sagt: „Wir haben viele Studien aus einer Vielzahl von Ländern analysiert, bei denen mehreren Methoden zum Nachweis von HPV zum Einsatz kamen – und wir haben einen schlagkräftigen Beweis dafür gefunden, dass HPV-Hochrisikotypen bei Prostatakrebs deutlich öfters vorkommen als in normalem, gutartigem Gewebe.“

Frühere Studien hätten ebenfalls nahegelegt, dass die gefährlichen Varianten dieser Viren im gesunden Prostatagewebe vorhanden sind. Bis zu zehn Jahre später entwickelte sich ein HPV-positiver Prostatakrebs mit genau den gleichen Virentypen.

 

HPV sind noch an anderen Krebsarten beteiligt

Die Forscher stießen noch auf einen anderen Zusammenhang: In Ländern, in denen die Sterblichkeitsrate aufgrund von Gebärmutterhalskrebs hoch war, war sie es auch für Prostatakrebs. Das Umgekehrte galt ebenfalls: Gab es in einem Land wenige Todesfälle wegen Gebärmutterhalskrebs, starben auch weniger Männer an Prostatakrebs.

James Lawson sagt: „Infektionen mit Hochrisikotypen von humanen Papillomviren geschehen wahrscheinlich am häufigsten beim Sex. Die Viren spielen also vermutlich sowohl beim Gebärmutterhals- als auch beim Prostatakrebs eine wichtige Rolle.“ Beide Geschlechter sollten daher zur HPV-Impfung ermutigt werden.

HPV bergen nicht eine Gefahr für Frauen in Form von Gebärmutterhalskrebs, sondern auch für Männer. Bekannt ist, dass sie an der Entwicklung von genitalen Krebserkrankungen wie Peniskrebs oder Analkrebs beteiligt sind. Aber auch beim Mund‑, Zungen- und Speiseröhrenkrebs gibt es einen Zusammenhang mit diesen Viren. „Es ist daher plausibel, dass sie auch beim Prostatakrebs eine Rolle spielt. Eine HPV-Impfung könnte dabei mithelfen, die Entwicklung von Prostatakrebs zu verhindern“, vermutet Lawson.

Ursachen und Risikofaktoren

Lesen Sie, welche Ursachen und Risikofaktoren bei Prostatakrebs am Werk sind, warum die Sterilisation ebenfalls unter Verdacht steht und  wie womöglich zwei Hormone das Risiko erhöhen.

Prostata Hilfe Deutschland: Illustrationsbild - Schwimmer
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HPV und Prostatakrebs –  Entstehungsmechanismus unbekannt

Die Studienautoren betonen jedoch, dass der genaue Mechanismus, wie HPV einen Prostatakrebs auslösen könnte, noch nicht aufgeklärt ist. Daher seien weitere Untersuchungen nötig, bei denen Forscher Prostatazellen gezielt den humanen Papillomviren aussetzen. Ein möglicher Effekt sei, dass HPVs die Funktion bestimmter Enzyme herabsetzen, die vor Virusinfektionen schützen. Die HP-Viren könnten aber auch mit anderen krankmachenden Erregern zusammenarbeiten oder Entzündungen in der Prostata auslösen. Die Folge könnte eine Prostatavergrößerung und später ein Prostatakrebs sein.

Lawsons Fazit: „Obwohl HPV nur einer von vielen Faktoren ist, die am Prostatakrebs mitbeteiligt sind, ist es der einzige, gegen den wir eine Impfung haben. Daher müssen wir genauer klären, ob HP-Viren eine Ursache von Prostatakrebs sein könnten.“

 

„Stichhaltiger Beweis fehlt immer noch“

Wissenschaftlich ausreichend bewiesen ist die Verbindung zwischen HPV und Prostatakrebs jedoch auch durch diese neue Studie nicht. Prof. Michael Muders, Direktor des Rudolf-Becker-Labors für Prostatakarzinomforschung in Bonn, sagte dem Science Media Center: “Auch in dem aktuellen, hier vorliegenden Review wird ein Zusammenhang zwischen einer HPV-Infektion und einem Prostatakarzinom nur aufgrund von Assoziationen nahegelegt. Dabei wurden stringentere Kriterien als in den früheren Metaanalysen angewandt. Trotzdem fehlt immer noch ein stichhaltiger wissenschaftlicher Beweis, auf dessen Grundlage weitere Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden können.”

 

HPV-Impfung – diese Empfehlungen gelten

Die Ständige Kommission des Robert Koch-Instituts (STIKO) empfiehlt die HPV-Impfung für Mädchen und seit Juni 2018 auch für Jungen. Sie sollten sich zwischen dem neunten und 14. Lebensjahr impfen lassen. Wer eine Impfung versäumt hat, sollte sie so schnell wie möglich nachholen. Bis zum 17. Lebensjahr ist dies möglich. Idealerweise geschieht die Impfung gegen HPV vor dem ersten sexuellen Kontakt. Wenn sich eine Person schon infiziert hat, ist kein Schutz mehr durch die Impfung möglich.

In Deutschland sind derzeit zwei Totimpfstoffe zur Impfung gegen HPV zugelassen. Der eine schützt vor HPV 16 und HPV 18, der andere vor dem HPV-Typen Typen 6, 11, 16, 18, 31, 33, 45, 52 und 58. Nötig sind zwei Impfdosen im Abstand von mindestens fünf Monaten.

Quellen