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Prostatakrebs: Tumore im Mini-Format gezüchtet
17. März 2021 | von Ingrid MüllerNicht jedes Medikament hilft jedem Mann mit Prostatakrebs. Schweizer Forscher züchteten jetzt im Labor Mini-Tumore und testeten, welcher Arzneistoff individuell am vielversprechendsten war. Die Krebsbehandlung könnte dadurch bald effizienter werden.
Bei welchem Mann mit Prostatakrebs wirkt ein Medikament besonders gut und bei welchem nicht? Ein Schweizer Forscherteam um Marianna Kruithof-de Julio hat jetzt einen neuen Ansatz ausgetüftelt, mit der sich diese Frage zukünftig vielleicht schneller beantworten lässt. Im Labor züchteten sie sogenannte Organoide. Das sind Zellhaufen, die aus Prostatakrebszellen bestehen. Und an diesen testeten die Wissenschaftler schon vor dem Beginn der Behandlung verschiedene Krebsmedikamente.
Mit Hilfe der Organoide, so das Ergebnis, lässt sich die Wirksamkeit von Arzneistoffen gegen Prostatakrebs gut vorhersagen. „Wir wollen damit Zeit gewinnen und die Patienten entlasten“, schreiben die Forscher der Universität Bern und des Inselspitals, Universitätsspital Bern. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie in der März-Ausgabe des Fachmagazins Nature Communications.
Bösartige Prostatatumoren in 3-D gezüchtet
Aus den Biopsien von bösartigen Prostatatumoren lösten die Forscher Krebszellen heraus und ließen sie anschließend im Labor zu dreidimensionalen Zellhaufen zusammenwachsen, den Organoiden. Herkömmliche Zellkulturen wachsen dagegen nur zweidimensional in den Kulturschalen. Durch Analysen konnten die Forscher nachweisen, dass sich in den Organoiden die meisten der ursprünglichen Prostatakrebs-Merkmale nicht verändert hatten. Sie hatten die gleichen genetischen Veränderungen (Mutationen) und zeigten ähnliche Muster der Genaktivität. Die Organoide behielten auch die spezifische Reaktion auf Medikamente bei.
Kruithof-de Julio ihr Team testeten zuerst 74 gängige Krebsmedikamente an den Organoiden. Dann wählten sie 13 Substanzen aus, die das Wachstum der Prostatakrebszellen am stärksten bremsten. Mit diesen Arzneimitteln behandelten sie anschließend die Organoide von fünf Prostatakrebspatienten.
Zwei Männer hatten einen bösartigen Prostatatumor in einem frühen Stadium, drei einen fortgeschrittenen metastasierten Prostatakrebs. Als besonders wirksam erwies sich ein Arzneistoff namens Ponatinib. Dieses ist bisher jedoch nur zur Behandlung von Blutkrebs (Leukämie) zugelassen. In der Prostatakrebstherapie wurde es dagegen noch nicht ausreichend getestet.
Prostatakrebs: Behandlung individuell auf den Tumor zuschneiden
Die Ergebnisse seien nicht nur wichtig, um effektive Krebswirkstoffe ausfindig zu machen, so Kruithof-de Julio. Vielmehr zeigten Sie Ärztinnen und Ärzten einen neuen Ansatz, wie sie die individuellen Eigenschaften eines Tumors bei einem Patienten besser berücksichtigen könnten. „Unsere Resultate ebnen der Präzisionsmedizin den Weg“, hofft die Forscherin.
So sei es zukünftig möglich, die Biologie von Tumoren besser zu verstehen und die Therapie auf den jeweiligen Tumor zuzuschneiden, erklärt Prof. George Thalmann vom Inselspital Bern. „In meiner klinischen Tätigkeit bin ich regelmässig mit Tumoren konfrontiert, die nicht auf die verabreichte Therapie ansprechen oder für die wir nicht wissen, welche Therapie zu verabreichen ist.“ Derzeit lässt es sich nicht vorhersagen, wie Patienten individuell auf Medikamente ansprechen und wer eine Therapieresistenz entwickelt. In diesem Fall wirkt das jeweilige Krebsmedikament nicht mehr ausreichend.
Erst Medikamente testen, dann behandeln
Zwar haben die Forscher in ihrer Studie nur rückwirkend die Daten von fünf Patienten ausgewertet. „Aber wir haben klar gezeigt, dass die Methode grundsätzlich funktioniert“, erklärt Kruithof-de Julio. Nur zwei Wochen genügten, um die Organoide zu züchten und die Medikamententests durchzuführen. „Ein Zeitrahmen, der mit der klinischen Entscheidungsfindung vereinbar ist“, so die Erfahrung der Wissenschaftlerin.
Die Forschenden erhoffen sich für Männer mit Prostatakrebs nun eine effizientere Behandlung mit weniger Nebenwirkungen und geringeren Kosten. Zukünftig solle es möglich sein, verschiedene Medikamente an Organoiden zu testen. Dann können Ärzte schon vor der Behandlung prüfen, ob sie auch tatsächlich bei jenem Mann wirken, von dessen Tumor die Prostatakrebszellen stammen.
Quellen:
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