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Fortgeschrittener Prostatakrebs: Hilft ein Diabetes-Medikament?

16. August 2023 | von Ingrid Müller

Ein Medikament, das bei Menschen mit Typ-2-Diabetes zum Einsatz kommt, könnte auch Männern mit einer bestimmten Form von fortgeschrittenem Prostatakrebs helfen. Es sorgte dafür, dass das Prostatakarzinom nicht weiter wuchs oder metastasierte. 

Prostatakrebs ist nicht gleich Prostatakrebs. Er kann verschieden aggressiv sein, bestimmte Eigenschaften und Merkmale besitzen und sich unterschiedlich weit ausgebreitet haben. Bei manchen Männern ist der Tumor bei der Diagnose noch auf die Prostata beschränkt und hat sich noch nicht auf Wanderschaft begeben. Hier stehen die Überlebenschancen in der Regel gut. Bei anderen Männern hat das Prostatakarzinom dagegen schon in umliegendes Gewebe gestreut oder Metastasen in anderen Organen und Geweben gebildet, etwa in den Knochen, in der Leber oder Lunge. Dann ist der Krebs in der Regel nicht mehr heilbar, aber behandelbar. Doch welcher Mechanismus steckt dahinter, wenn sich der Prostatakrebs ausbreitet? Dies konnten Forschungsgruppen bisher noch nicht genau klären. 

Jetzt entschlüsselte ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Medizinischen Universität Wien (MedUni Wien) einen besonderen Signalweg, der bei der Ausbreitung von Krebszellen vielleicht eine Rolle spielen könnte. Außerdem prüfte das Team, ob ein häufig eingesetztes Medikament gegen die Zuckerkrankheit Diabetes mellitus wirksam sein könnte. Zum Einsatz kam der Wirkstoff Metformin. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachblatt Molecular Cancer veröffentlicht.

Prostatakrebs

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Eiweiß „STAT3“ spielt Schlüsselrolle bei Ausbreitung von Prostatakrebs 

Die Forschenden um Lukas Kenner führten die Versuche mit Prostatakrebszellen von Mäusen durch. Sie identifizierten die Hauptakteure, die an der Regulierung des Krebswachstums entscheidend beteiligt sind. Und sie untersuchten, wie diese genau zusammenspielen. Die wichtigste Rolle hatte ein Eiweiß namens STAT3. Das Kürzel steht für engl. Signal Transducer and Activator of Transcription 3 (zu Deutsch: Signalüberträger und -aktivator der Transkription 3).  Die Aktivierung des STAT3 durch ein anderes Eiweiß – das sogenannte Interleukin 6 (IL6) – ist schon länger ein Gegenstand der Krebsforschung. Es stehe im Zusammenhang mit dem Fortschreiten von Krebserkrankungen, vermuten Forscher.

„Wir konnten in unserer Studie erstmals zeigen, dass eine dauerhafte Aktivierung von STAT3 die Entstehung von Prostatakrebs sowie die Entwicklung und Ausbreitung von Metastasen verhindert“, erklärt Kenner.  Umgekehrt könne der Verlust des Signalwegs zwischen STAT3 und IL6 in der Prostata zu einem massiven Tumorwachstum und Metastasen führen. „Dies erhöht die Aggressivität des Krebses und die Sterblichkeitsrate deutlich“, fasst Studienleiter Kenner die wichtigsten Ergebnisse der Studie zusammen.

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Gängiges Diabetesmedikament gegen Prostatakrebs?

Weitere Untersuchungen zeigten, dass die Aktivierung von STAT3 in der Prostata die Menge an bestimmten Zellbestandteilen erhöhte. Es handelt sich um zwei Eiweiß,e die abgekürzt LKB1 und pAMPK heißen.  Sie sind an der Regulierung des Zuckerstoffwechsels beteiligt und stehen mit einem Typ-2-Diabetes in Verbindung. Die Mehrzahl der Zuckerkranken leidet unter dieser Diabetesform.  

Die beiden Eiweiße LKB1 und pAMPK blockieren wiederum bestimmte Krebsmoleküle (mTOR und CREB) – und damit auch das Tumorwachstum. Die Forschenden testeten daher ein gängiges Diabetesmedikament, den Wirkstoff Metformin. Er kommt bei Menschen mit Typ-2-Diabetes zum Einsatz, um den Blutzucker zu regulieren. Sie fanden heraus, dass Metformin das Fortschreiten von STAT3-positivem Prostatakrebs deutlich bremsen konnte. Dieser Prostatakrebstyp besitzt einen Stoffwechsel, der jenem bei Typ-2-Diabetes sehr ähnlich ist. 

„Da Metformin bereits zur Verfügung steht, könnten unsere Forschungsergebnisse helfen, schon in absehbarer Zeit neue Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit STAT3-positiven Prostatakrebs zu entwickeln“, sagt Kenner.

Aber Achtung: Die neue Therapiemöglichkeit muss jedoch erst noch weiter in Studien überprüft werden. Metformin besitzt keine Zulassung für Prostatakrebs und Ärztinnen und Ärzte dürfen es auch nicht bei Prostatakrebs verschreiben.

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Prostata Hilfe Deutschland: Krebszellen unter dem Mikroskop
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Prostatakrebs – auf die Prostata begrenzt oder fortgeschritten?

Bei vielen Männer ist der Prostatakrebs bei der Diagnose noch auf die Prostata beschränkt. Er ist lokal begrenzt und hat die Kapsel der Prostata noch nicht durchbrochen. Der Tumor kann jedoch unterschiedlich gefährlich sein

Bei etwa einem Viertel der Männer sei das Prostatakarzinom jedoch schon fortgeschritten, berichtet das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ).  

  • Lokal fortgeschritten bedeutet, dass sich der Krebs nur im unmittelbaren Bereich rund um die Prostata ausgebreitet hat. 
  • Wenn Krebszellen über die Blut- und Lymphwege in andere Organe eingewandert sind, ist der Prostatakrebs metastasiert

Manchmal diagnostizieren Ärztinnen und Ärzte das Prostatakarzinom sogar erst aufgrund von Symptomen, die auf Metastasen hindeuten, zum Beispiel Rückenschmerzen. Möglich ist es auch, dass der Prostatakrebs als Rezidiv nach den Krebsbehandlungen wiederkehrt und Fernmetastasen in anderen Organen bildet.

Bei Prostatakrebs bilden sich Tochtergeschwulste oft in den Knochen, in der Leber, Lunge und seltener im Gehirn. Dann ist der Krebs in der Regel nicht mehr heilbar. Allerdings gibt es noch viele Behandlungsmöglichkeiten, um den Prostatakrebs in Schach zu halten und sein Wachstum zu bremsen. Beispiele sind die Operation, Hormontherapie, Chemotherapie, Bestrahlung oder die noch neue Radioligandentherapie

 

Quellen: