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Eiweiß abschalten – und Metastasen bei Prostatakrebs verhindern?

17. März 2022 | von Ingrid Müller

Prostatakrebs kann gefährliche Metastasen in anderen Geweben und Organen bilden. Forschende haben jetzt im Tierversuch herausgefunden, wie sich diese gefährlichen Krebsabsiedelungen vielleicht verhindern lassen – durch Blockade eines speziellen Eiweißes. 

Bei Prostatakrebs – wie auch bei anderen Krebsarten – begeben sich die Krebszellen manchmal von ihrem ursprünglichen Ort aus auf Wanderschaft. Über die Blut- und Lymphwege breiten sich die bösartigen Tumorzellen auf andere Organe und Gewebe aus und bilden dort Metastasen. Beim Prostatakrebs entstehen solche Tochtergeschwülste meist zuerst in den Knochen, aber auch in der Leber, Lunge und im Gehirn. 

Dann verschärft sich die Lage der betroffenen Männer. Der Prostatakrebs ist nicht mehr heilbar, sondern nur noch palliativ behandelbar. „Etwa 90 Prozent aller Krebstodesfälle entstehen, weil der Krebs metastasiert und sich auf andere Organe ausbreitet“, erklärt Wei Yang vom Cedars-Sinai Medical Center. „Wenn wir diese Metastasierung verhindern können, lässt sich auch die Lebenszeit entscheidend verlängern und die Lebensqualität dieser Männer verbessern", so Yang weiter. Metastasen bedeuten jedoch kein sofortiges Todesurteil. Ärztinnen und Ärzte können die Krebserkrankung meist bremsen, oft sogar über viele Monate oder sogar Jahre.

Knochenmetastasen

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Prostata Hilfe Deutschland: Illustrationsbild - Arzt mit Computertomographie-Bildern
© sudok1/Adobe Stock

Prostatakrebs: Eiweißblockade soll Ausbreitung verhindern

Die Forschenden haben jetzt ein neues Angriffsziel ausgemacht, um die Ausbreitung und Metastasierung des Prostatakrebs zu verhindern oder zu zumindest hinauszuzögern: Ein spezielles Eiweiß namens “rezeptor-interagierende Proteinkinase 2”. Im Englischen heißt es „receptor-interacting protein kinase 2"  oder abgekürzt „RIPK2“. Blockierten sie dieses Protein, etwa mit Hilfe eines bereits zugelassenen Krebsmedikaments, breitete sich der Prostatakrebs auch nicht in andere Organe aus. 

Allerdings gelang dies bisher nur im Tierversuch mit Mäusen. Die Resultate sind somit nicht sofort und auch nicht eins zu eins auf den Menschen übertragbar. Aber wenn sich die Studienergebnisse bestätigten, könnte dies für Männer mit fortgeschrittenem Prostatakrebs eine neue Therapiemöglichkeit eröffnen, hoffen die Forscher. Die Ergebnisse ihrer Studie veröffentlichten sie im renommierten Fachblatt Nature Communications.

Prostatakrebs: je weiter fortgeschritten, desto mehr Eiweiß 

Um die genetischen „Triebkräfte“ beim Fortschreiten des Prostatakarzinoms und mögliche Behandlungsziele besser zu verstehen, untersuchten sie die molekularen Profile in Gewebeproben von Männern mit fortgeschrittenem Prostatakrebs. Sie entdeckten, dass das Eiweiß RIPK2 bei etwa 65 Prozent der tödlichen Prostatakrebsfälle vorkam

„Wir fanden heraus, dass die Menge des Proteins RIPK2 umso höher war, je weiter der Prostatakrebs fortgeschritten war. Daher glauben wir, dass dieses Eiweiß eine sehr wichtige Rolle bei der Weiterentwicklung der Krebserkrankung spielt“, sagt Yiwu Yan, der Erstautor der Studie. Zwar sei dieses Protein schon im Zusammenhang mit entzündlichen Erkrankungen untersucht worden, aber wie es beim Fortschreiten und bei der Metastasierung des Krebses mitspielt, sei noch weitgehend unklar, so Yang. 

Nachdem sie RIPK2 als „Übeltäter“ identifiziert hatten, untersuchten sie, welchen Einfluss dieses Eiweiß auf die Aktivität anderer Zellfunktionen hatte. Nachweisbar war, dass es mehrere ungünstige Reaktionen in Gang setzte.  RIPK2 aktivierte ein weiteres Eiweiß, das wiederum den Transkriptionsfaktor (ebenfalls ein Protein) namens c-Myc stimulierte. Dieses begünstigt die Entstehung von bösartigen Tumoren, indem es das Zellwachstum ankurbelt. So befeuert c-Myc das Fortschreiten und die Metastasierung vieler Krebsarten - auch von Prostatakrebs.

Prostatakrebs

Lokal begrenzt, lokal fortgeschritten oder metastasiert? Alles über die Entwicklung des Prostatakrebses.

Prostata Hilfe Deutschland: Illustrationsbild - Krebszellen
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RIPK2 ausschalten mit Medikamenten und „Genschere“

In mehreren Experimenten an Mäusen versuchten die Forschenden dann, die Funktion des RIPK2 auszuschalten. Dafür setzten sie verschiedene Medikamente ein, aber auch die „Genschere“ CRISPR/Cas9. Vereinfacht gesagt ist dies ein molekulares Skalpell, mit dem sich bestimmte Genabschnitte aus dem Erbgut „herausschneiden“ lassen. 

Wurde RIPK2 zum Beispiel mit Hilfe des Wirkstoffs Ponatinib blockierten, reduzierte sich die Metastasierung bei den Mäusen um 92 Prozent. Das Medikament – ein Eiweiß-Hemmer (Protein-Inhibitor) - ist bereits durch die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA zugelassen. Es hilft Menschen, die an einer Leukämie erkrankt sind.  „Solche Inhibitoren konnten die Metastasierung in Mäusen um ungefähr das Zehnfache reduzieren“, erklärt Yang. „Wenn wir diese Strategie auf Männer mit Prostatakrebs übertragen,  ließe sich die Lebenszeit um mehrere Jahre verlängern -  und nicht nur um wenige Monate“, so der Forscher weiter. 

In einer nächsten Studie wollen die Wissenschaftler jetzt Männer mit Prostatakrebs identifizieren, die am meisten von dieser Behandlung profitieren würden. Außerdem wollen sie herausfinden, welche Effekte die Hemmung von RIPK2 auf die Immunzellen hat. Vielleicht könnte sich dadurch die Fähigkeit der Immunzellen verbessern, die Krebszellen wieder zu attackieren und zu beseitigen. Bösartige Tumorzellen haben nämlich die Fähigkeit, sich zu tarnen und fürs Immunsystem unsichtbar zu machen. So entgehen sie dem Angriff der Immunzellen. Außerdem können sie die Schlagkraft des Immunsystems herabsetzen. 

Allein oder in Kombination mit anderen etablierten Krebsbehandlungen könnte die Blockade des RIPK2 eine Verlängerung des Überlebens und eine Verbesserung der Lebensqualität bringen, hofft Yang. 

Krebsüberlebende

Die Lebensqualität von ehemaligen Krebspatienten und -patientinnen ist oft besser als gedacht. 

Prostata Hilfe Deutschland: Symbolbild mit vielen Menschen
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Metastasen bei Prostatakrebs: Behandlungen und Lebenserwartung

Metastasen können bei Prostatakrebs – wie auch bei anderen Krebsarten - sehr gefährlich werden. Beim Prostatakarzinom bilden sie sich in den Lymphknoten sowie verschiedenen Geweben und Organen:

  • Lymphknoten außerhalb des Beckens – diese liegen nicht unmittelbar in der Umgebung der Prostata. Manchmal ist ein steigender PSA-Wert ein erstes Anzeichen dafür. 
  • Knochen – meist sind die Wirbelsäule sowie die Becken- und Rippenknochen betroffen. Bei Prostatakrebs kommen Knochenmetastasen am häufigsten vor.  Bemerkbar machen sie sich oft durch Schmerzen. Zudem brechen manchmal die Knochen leichter.
  • Leber
  • Lunge
  • Gehirn

Ein metastasierter Prostatakrebs ist zwar nicht mehr heilbar, lässt sich aber oft durch verschiedene Behandlungen bremsen. Meist kommen mehrere Therapien in Kombination zum Einsatz, die im gesamten Körper wirken, etwa eine Hormontherapie oder Chemotherapie. Zudem lassen sich einzelne Metastasen behandeln, etwa mit Hilfe einer Strahlentherapie von außen, Radiochirurgie oder Operation. Ziel der palliativen Behandlung ist es, die Symptome zu lindern (beispielsweise Schmerzen), das Fortschreiten der Krebserkrankung aufzuhalten, die Überlebenszeit zu verlängern und eine möglichst gute Lebensqualität zu erzielen.

Wie hoch die Lebenserwartung bei einem metastasierten Prostatakrebs ist, lässt sich nicht allgemein vorhersagen. Es hängt von der Aggressivität des Prostatakarzinoms, aber auch von der Art der Metastasierung ab. Manche Männer haben nur einzelne Tochtergeschwülste, andere mehrere Krebsabsiedlungen, oft auch in verschiedenen Organen. Die Lebenserwartung ist also von Mann zu Mann sehr unterschiedlich. Nicht wenige Männer überleben noch viele Jahre trotz ihres fortgeschrittenen Prostatakrebses.

Quellen: