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MRT und Fusionsbiopsie: Durchbruch in der Diagnostik?

11. April 2018 | von Martina Häring

Die MRT mit anschließender Fusionsbiopsie kann Prostatakrebs genauer diagnostizieren als eine herkömmliche Prostatabiopsie, wie eine Studie ergab.

Eine Prostatabiopsie ist zur Diagnose von Prostatakrebs oft unvermeidbar. Normalerweise entnehmen Ärzte dabei unter Ultraschallkontrolle zehn bis zwölf Proben (Stanzen) aus verschiedenen Bereichen der Prostata. Einen anderen Weg geht die sogenannte Fusionsbiopsie: Hier führen Radiolgen vor der Biopsie eine Magnetresonanztomografie (MRT oder Kernspintomografie) der Prostata durch. Mit Hilfe dieser Aufnahmen lassen sich verdächtige Bereiche in der Prostata genauer identifizieren. Anschließend können Ärzte eine gezielte Biopsie mit weniger Proben durchführen.

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MRT-Fusionsbiopsie bringt mehr Licht in die Prostata

Eine neue Studie namens „Precision“ belegte jetzt, dass diese Methode tatsächlich auch zu präziseren Ergebnisse führt. Und: Durch die vorherige MRT-Untersuchung bleibt vielen Männern die Biopsie sogar ganz erspart. Denn Ärzte können aufgrund der Bilder oft schon Entwarnung geben. Experten sprechen nun sogar von einem „Durchbruch in der Diagnostik des Prostatakarzinoms“.

An der Precision-Studie nahmen 500 Männer teil, denen Ärzte aufgrund eines erhöhten PSA-Wertes eine Prostatabiopsie vorgeschlagen hatten. Bei der Hälfte der Männer führten die Mediziner eine herkömmliche, ultraschallgesteuerte Biopsie mit zehn bis zwölf ungezielt entnommenen Stanzproben durch. Die andere Hälfte erhielt zuerst eine MRT-Untersuchung und anschließend eine Fusionsbiopsie.

 

Fusionsbiopsie liefert höhere Trefferquote

In der MRT-Gruppe hatten 30 Prozent der Männer einen unauffälligen Befund, sodass eine Biopsie gar nicht mehr nötig war. In der Vergleichsgruppe ohne MRT mussten hingegen alle Männer die Biopsie über sich ergehen lassen. Zudem war die Trefferquote in der MRT-Gruppe höher: Ärzte entdeckten bei 38 Prozent einen aggressiven Tumor in der Prostata. In der Gruppe, die sich einer herkömmlichen Biopsie unterzogen hatte, fanden sie nur bei 26 Prozent einen Prostatakrebs.

„Die Ergebnisse der Studie zeigen beeindruckend, dass die Risikobewertung eines Prostatakrebs-Verdachts per MRT und einer auf deren Ergebnissen basierenden Biopsie deutlich präziser ist, als die bislang praktizierte ultraschallgesteuerte Biopsie mit zehn bis zwölf Untersuchungspunkten“, sagt Boris Hadaschik, Urologe aus Essen und Co-Autor der Studie in einer Pressemitteilung der Uniklinik Essen.

 

Fusionsbiopsie könnte unzählige Biopsien vermeiden

Derzeit führen Mediziner in Europa jährlich ungefähr eine Million Prostatabiopsien durch, weil sie den Verdacht auf Prostatakrebs hegen. Rechnet man die Ergebnisse der Precision-Studie auf ganz Europa hoch, kommt man zu einem erheblichen Einsparpotenzial bei den Biopsien: Die MRT-Untersuchung könnte knapp 300.000 Männern die körperliche Belastung einer Biopsie ersparen. Außerdem ließen sich  rund 100.000 potenziell lebensbedrohliche Prostatakarzinome mehr entdecken. Auch die Zahl der entdeckten ungefährlichen Tumoren, die für die Männer keine Gefahr darstellen, aber psychisch belastend sind, ließe sich um die Hälfte reduzieren.

Das Ergebnis der Studie kommt nicht ganz überraschend. Vorherige Studien mit weniger Teilnehmern hatten bereits gezeigt, dass die Fusionsbiopsie der herkömmlichen Gewebeentnahme zumindest ebenbürtig ist. Allerdings ist die Precision-Studie die erste, die einem Teil der Männer die  Biopsie komplett erspart hat. Und obwohl weniger Männer biopsiert wurden, waren die Ergebnisse genauer. Auch die Nebenwirkungen waren bei der Fusionsbiopsie geringer: Blut im Urin, Blut im Sperma und Schmerzen traten seltener auf.

 

Einige ungelöste Probleme

Unfehlbar ist die Kombination aus MRT und Fusionsbiopsie allerdings nicht: Bis zu zehn Prozent der behandlungsbedürftigen Prostatakarzinome werden durch die MRT-Untersuchung übersehen, obwohl sie in der herkömmlichen Biopsie gefunden worden wären. Darauf weisen auch die Autoren der Studie hin.

Ein Problem ist zudem, dass die entsprechende MRT-Diagnostik nicht in ganz Europa flächendeckend zur Verfügung steht. Und auch die Radiologen, die die MRT-Untersuchung durchführen und interpretieren, müssten dafür speziell ausgebildet werden. Diese Probleme müssen noch gelöst werden, bevor die MRT-/Fusionsbiopsie-Diagnostik als neuer Standard bei Verdacht auf Prostatakrebs eingeführt werden kann, so die Einschätzung der Europäischen Urologischen Gesellschaft EAU.

 

Quellen