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Prostatakrebs – Protonenbestrahlung gegen Tumoren
01. April 2022 | von Ingrid MüllerAktualisiert und medizinisch geprüft am 1.4.2022 Ingrid Müller, Chefredakteurin und Medizinjournalistin |
Bei der Protonenbestrahlung beschießen Nuklearmediziner den Prostatakrebs mit positiv geladenen Teilchen. Die Protonen sollen Krebszellen zielgenau zerstören, gesundes Gewebe schonen und weniger Nebenwirkungen verursachen.
Kurzübersicht
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Was ist eine Protonenbestrahlung?
Die Protonenbestrahlung bei Prostatakrebs ist ein relativ neues nuklearmedizinisches Verfahren und eine moderne Variante der bekannten Strahlentherapie. Sie arbeitet jedoch nicht mit hochenergetischer Röntgenstrahlung und Photonen („Lichtteilchen“), sondern beschießt den Tumor in der Prostata mit Protonen – das sind positiv geladene Teilchen.
Ziel ist es, die Krebszellen sehr präzise zu treffen und das gesunde Gewebe in der Nähe des Tumors noch besser zu schonen als dies mit anderen Krebstherapien möglich ist. So sollen Männer nach der Protonenbestrahlung weniger Nebenwirkungen erleben, zum Beispiel eine Erektilen Dysfunktion oder Inkontinenz. Beide sind häufige Folgen einer Bestrahlung von außen und innen, aber auch der Operation (radikale Prostatektomie). Darunter leidet die Lebensqualität der Männer am meisten – das ist seit langem bekannt.
Strahlentherapie Lesen Sie, wie die Bestrahlung von außen funktioniert. Außerdem: Wie die Brachytherapie – die Bestrahlung von innen – funktioniert. |
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Wie funktioniert die Protonenbestrahlung?
Protonen für eine Protonenbestrahlung lassen sich nicht mit einem Linearbeschleuniger produzieren wie bei der „normalen“ Strahlentherapie. Radiologen brauchen dafür gigantisch große und tonnenschwere Teilchenbeschleuniger, die technisch deutlich aufwändiger und deshalb auch sehr viel teurer sind. Diese Geräte heißen Zyklotrone.
Mit Hilfe elektrischer Felder lassen sich Protonen enorm beschleunigen (auf etwa 180.000 Kilometer pro Sekunde). Auch die Richtung der positiven Teilchen können Radiologen mittels Magnetfeldern steuern. Protonen können tief ins Gewebe eindringen. Ihre volle Wirkdosis entfalten sie erst, wenn sie zum Stillstand kommen, also „stecken bleiben“.
Auf ihrem Weg zum Tumor geben sie kaum Energie ab und setzen dann konzentriert sehr viel Energie im Tumor selbst frei. Fachleute sprechen vom sogenannten Bragg-Effekt. Die Wirkung ist also im Tumor am höchsten. Protonen schädigen das Erbgut (DNA) der Krebszellen und lassen sie absterben.
Außerhalb ihres Zielgebiets verlieren Protonen sehr schnell ihre Wirkung und gesundes Gewebe nimmt kaum Schaden. Protonen arbeiten also punktgenau. Radiologinnen und Radiologen können deshalb mit einer höheren Strahlendosis arbeiten als bei der „normalen“ Bestrahlung. Denn bei dieser durchdringen die Photonen das Gewebe gleichmäßig und können auf ihrer gesamten „Reise“ Schäden anrichten. Allerdings töten Protonen die Tumorzellen in der Prostata nicht besser ab als die herkömmliche Strahlentherapie.
Wer führt die Protonenbestrahlung durch?
Die Protonenbestrahlung ist derzeit noch keine Routinebehandlung bei Prostatakrebs. Die Fachgesellschaften empfehlen sie in ihren Leitlinien nur in bestimmten Fällen und im Rahmen klinischer Studien. Der Hintergrund: Bislang haben sie keine ausreichenden Belege dafür gefunden, dass eine Protonentherapie Vorteile gegenüber der Bestrahlung über die Haut (perkutane Strahlentherapie) besitzt.
In Deutschland gibt es einige spezialisierte nuklearmedizinische Zentren, welche die Protonenbestrahlung anbieten. Einige gesetzliche und private Krankenkassen haben Verträge mit diesen Zentren abgeschlossen und übernehmen die Kosten für die Behandlung. Die Protonentherapie ist etwa dreimal so teuer wie eine konventionelle Bestrahlung, kostet aber etwa genauso viel wie eine aufwändige Operation oder Chemotherapie. Fragen Sie immer vor der Behandlung nach, ob Ihre Krankenversicherung die Therapie bezahlt – sonst bleiben Sie am Ende auf mehreren Tausend Euro sitzen.
Für wen eignet sich die Protonenbestrahlung?
Eine wichtige Voraussetzung für eine Protonentherapie ist, dass der Prostatakrebs noch auf die Prostata oder die unmittelbare Umgebung begrenzt ist - der Tumor muss also noch lokal begrenzt oder lokal fortgeschritten sein. Es dürfen keine Fernmetastasen in anderen Organen vorliegen, etwa in den Knochen, der Leber, Lunge oder im Gehirn.
Wie lange dauert die Protonenbestrahlung?
Die Protonentherapie dauert – wie eine Strahlentherapie über die Haut – vier bis sieben Wochen. Einige Fakten zum Ablauf:
- Vor dem Beginn der Behandlung planen Radiologen und Radiologinnen die Protonenbestrahlung sorgfältig. Dabei nutzen sie bildgebende Verfahren wie die Computertomografie (CT) und die Magnetresonanztomografie (MRT).
- Sie können die Behandlung ambulant durchführen lassen. Das heißt: Sie gehen zur Protonenbestrahlung in die Klinik und anschließend wieder nach Hause.
- Meist müssen Sie fünfmal pro Woche im Protonenzentrum erscheinen.
Protonenbestrahlung – Vor- und Nachteile
Die Protonenbestrahlung ist noch keine Standardtherapie bei Prostatakrebs. Es ist noch nicht ausreichend bewiesen, dass sie tatsächlich bessere Ergebnisse liefert und schonender ist als eine “normale” Bestrahlung. Eine Studie aus dem Jahr 2012 ergab sogar, dass bei Patienten nach einer Protonenbestrahlung mehr Nebenwirkungen im Darm auftraten als nach einer Standardbestrahlung.
Jetzt zeigte eine Untersuchung aus dem Jahr 2018 , dass vor allem jüngere Männer mit Prostatakrebs von einer Protonenbestrahlung profitieren könnten. Sie erlebenseltener Erektionsstörungen und Inkontinenz. Die Ergebnisse wurden im Fachblatt Acta Oncologica veröffentlicht.
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Teilnehmer der Studie waren 254 Männer mit Prostatakrebs, die höchstens 60 Jahre alt waren. 56 Prozent hatten einen Tumor mit niedrigem Risiko, 42 Prozent mit mittlerem und zwei Prozent mit einem hohen Risiko. Alle Männer erhielten nur eine Protonenbestrahlung als Krebsbehandlung. Vor Beginn der Bestrahlung mit Protonen und fünf Jahre danach untersuchten sie die Forscher alle sechs und zwölf Monate körperlich. Außerdem sollten die Männer anhand eines Fragebogens einschätzen, wie gut ihr Befinden und Ihre Lebensqualität waren.
- Sieben Jahre nach der Protonentherapie war bei fast allen Männern (98 Prozent) kein Anstieg des PSA-Werts festzustellen. Dieses PSA-Rezidiv (biochemisches Rezidiv) gilt als Hinweis darauf, dass der Prostatakrebs erneut wächst.
- Dennoch litt die männliche Potenz unter der Protonenbestrahlung: Vor der Behandlung hatten 90 Prozent der Männer eine ausreichende Erektionsfähigkeit. Im ersten Jahr waren es noch 72 Prozent und nach fünf Jahren nur noch 67 Prozent. Trotzdem sei dies ein guter Wert, erklären die Forscher.
- Nur zwei Prozent der Männer erlebten dagegen eine Inkontinenz. Die Funktion des Darms war zwar bei einigen Männern kurzfristig beeinträchtigt, erholte sich aber bei den meisten im ersten Jahr nach der Protonenbestrahlung wieder.
Das Fazit der Studienautoren: Besonders jüngere Männer mit Prostatakrebs profitierten von der Therapie hinsichtlich der Rückfallgefahr, Erektilen Dysfunktion und Inkontinenz. Es müssten jedoch weitere Studien folgen, welche die Wirksamkeit und Sicherheit der Protonenbestrahlung mit jener der Operation und Strahlentherapie vergleichen, betonen die Forscher.
Quellen:
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