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Hyperthermie – Wärme gegen Prostatakrebs

28. Februar 2022 | von Ingrid Müller
Aktualisiert und medizinisch geprüft am 28.2.2022
Ingrid Müller, Chefredakteurin und Medizinjournalistin

Die Hyperthermie erwärmt das Gewebe bei Prostatakrebs und soll so die Krebszellen abtöten. Lesen Sie, wie die Wärmebehandlung funktioniert, für welche Männer sie sich eignet, wie sie abläuft und wer die Kosten trägt.

Kurzübersicht

  • Was ist Hyperthermie? Das Krebsgewebe wird mit Hilfe von Radio- oder Mikrowellen erwärmt – bisher kein Standardverfahren bei Prostatakrebs, nur in Kombination mit anderen Therapien
  • Wie funktioniert die Hyperthermie? Radio- oder Mikrowellen erhitzen das Krebsgewebe – es bilden sich Eiweiße, die das Immunsystem auf den Plan rufen, es bekämpft dann die Krebszellen 
  • Ablauf: Sonde wird über die Harnröhre eingeführt, welche Strahlen aussendet – sie verstärken die Wirkungen anderer Krebstherapien
  • Für wen geeignet? Nur bei lokal begrenztem Prostatakrebs als Ergänzung zu anderen Behandlungen
  • Vor- und Nachteile: behandelt Prostatakrebs nur lokal, aber Wirksamkeit und Sicherheit noch nicht ausreichend belegt
  • Kosten: Vorher mit der Krankenkasse besprechen – manche bezahlen die Hyperthermie

Was ist Hyperthermie?

Gegen Prostatakrebs gibt es mehrere Behandlungsstrategien: Ärzte setzen nicht nur die Operation, Medikamente, Bestrahlung oder eisige Kälte gegen die Krebszellen in der Prostata ein, sondern auch Wärme. Hyperthermie heißt diese Art der Krebstherapie. Der Begriff hat seine Wurzeln im Griechischen und bedeutet so viel wie „Überwärmung“. Die Hyperthermie zählt zu den fokalen Therapien, die nicht die gesamte Prostata behandeln, sondern nur den erkrankten Teil. 

Es gibt verschiedene Verfahren der Hyperthermie. Eines ist jedoch allen Methoden gemeinsam: Ärzte erwärmen bestimmte Körperbereiche und Gewebe auf mehr als 40 °C. Oft setzen sie dafür elektromagnetische Strahlen ein, in der Regel Radiowellen oder Mikrowellen

Obwohl Mediziner schon seit mehr als 100 Jahren Krebspatienten mit Wärme behandeln, ist die Hyperthermie bis heute kein Standardverfahren – auch nicht bei Prostatakrebs. Die Wärmetherapie setzen Ärzte auch nicht alleine ein, sondern immer in Kombination mit anderen Krebsbehandlungen ein.

Fokale Therapien – ein Überblick

Lesen Sie, was fokale Therapien sind und welche verschiedenen Möglichkeiten es gibt – von Hitze bis Strom und Kälte.

Prostata Hilfe Deutschland: Grafik Prostata und Prostatakrebs
(c) Kateryna_Kon/Adobe Stock

Wie funktioniert die Hyperthermie?

Die Idee hinter der Hyperthermie ist, die Krebszellen gezielt zu attackieren und gesundes Gewebe weitgehend zu schonen. Tumorzellen reagieren empfindlicher auf Hitze als gesunde Zellen. Bei Temperaturen zwischen 40 bis 42 °C verändern sich die Zellwände der Krebszellen. Dort bilden sich Stresseiweiße, sogenannte Hitzeschock-Protein (engl. Heat-Shock-Proteine). Diese sind für die körpereigenen Abwehrzellen des Immunsystems eine Art Alarmsignal. Sie wandern an den Ort des Geschehens und bekämpfen die angeschlagenen Krebszellen – dann gehen sie zugrunde.

Die Wärmetherapie hat aber noch andere Wirkungen: Sie kurbelt die Durchblutung des Tumors an und macht das Gewebe empfindlicher für bestimmte Wirkstoffe, die in Medikamenten enthalten sind. Die Zellen können diese besser aufnehmen, was ihre Wirkung steigert. Auch die Strahlen einer Radiotherapie wirken intensiver. Ärzte wenden die Wärmetherapie immer nur in Kombination mit anderen Behandlungen an, zum Beispiel einer Chemotherapie oder Bestrahlung.

Alle Behandlungen

Lesen Sie, welche Behandlungsmöglichkeiten es bei Prostatakrebs gibt und welche Therapie zu welchem Mann passt. 

Prostata Hilfe Deutschland: Illustrationsbild für Behandlung bei Prostatakrebs - Ärzte im Operationssaal

Hyperthermie - Ablauf

Gegen Prostatakrebs setzen Ärzte bei der Hyperthermie meist elektromagnetische Wellen ein. Mikrowellen und Radiowellen gehören dazu. Bei manchen Krebserkrankungen erwärmen sie den gesamten Körper (Ganzkörperhyperthermie), bei anderen – wie dem Prostatakrebs – gezielt nur die erkrankte Prostata. 

Der Ablauf lässt sich ungefähr so beschreiben:

  • Durch die Harnröhre führen Ärzte einen Katheter ein und schieben ihn bis zur Prostata vor (die Harnröhre verläuft direkt durch die Prostata).
  • An dessen Spitze sitzt eine spezielle Sonde, welche die Strahlen aussendet.
  • Diese erwärmen das Gewebe, heizen es auf und „schmelzen“ es ein. Transurethrale Radiofrequenzhyperthermie (TURF) oder Transurethrale Prostatahyperthermie lauten die Fachbegriffe für diese Methode.

Für wen ist die Wärmebehandlung geeignet?

Die Hyperthermie eignet sich zunächst für gutartige Prostataerkrankungen, zum Beispiel die Prostataentzündung (Prostatitis) oder eine gutartige Prostatavergrößerung (benigne Prostatahyperplasie, BPH). Aber auch Prostatakrebs lässt sich unter bestimmten Voraussetzungen mit Hilfe der Wärmetherapie bekämpfen.

Wichtig ist, dass die Hyperthermie keine Alternative zu anderen Behandlungen bei Prostatakrebs ist, sondern nur eine Ergänzung, etwa zur Strahlentherapie. Sie soll ihre Wirkung verstärken. Die Wärmetherapie kommt zudem nur für Männer mit lokal begrenztem Prostatakrebs in Frage. Bei lokal fortgeschrittenem Prostatakarzinom ist die Anwendung nicht empfohlen. Dann hat der Tumor schon die Kapsel der Prostata durchbrochen. Auch bei Metastasen in anderen Organen ist die Hyperthermie keine Behandlungsmöglichkeit.

Derzeit lasse sich die therapeutische Wirksamkeit der Hyperthermie aber noch nicht abschätzen, schreiben die Autoren der Leitlinie „Prostatakrebs“. Die bisher vorliegenden Studien seien nicht aussagekräftig genug. Es muss also weiter an der Hyperthermie geforscht werden.

Hyperthermie bei Prostatakrebs – Vorteile und Risiken

Ein Vorteil der Wärmebehandlung ist, dass sie andere Krebsbehandlungen wie eine Chemotherapie oder Strahlentherapie vermutlich effektiver macht. So haben Männer mit Prostatakrebs womöglich bessere Chancen, ihren Tumor dauerhaft loszuwerden.

Ein Nachteil der Hyperthermie ist, dass sich die Ausbreitung und Verteilung der Wärme im Gewebe bei manchen Verfahren nicht gut kontrollieren und steuern lässt. Einerseits muss es im Tumor heiß genug sein, andererseits sollen die elektromagnetischen Wellen gesundes Gewebe nicht beschädigen. In den Randzonen der Prostata sind die erforderlichen Hitzegrade nicht immer erreichbar. Allgemein ist die Hyperthermie aber meist gut verträglich.

Wer bezahlt die Hyperthermie? Kosten

Die gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen sind nicht verpflichtet, die Kosten für die Hyperthermie zu übernehmen Der Grund ist, dass die Wirksamkeit der Wärmebehandlung bei Krebs noch nicht ausreichend durch Studien belegt ist. Sprechen Sie vorab immer mit Ihrer Krankenkasse, ob sie die Hyperthermie bezahlt. Manchmal sind die Krankenversicherungen kulant. Eine Hyperthermie kann – je nach Klinik und Praxis – zwischen 1.800 und 2.600 Euro kosten.

 

Quellen: